Kapitel 5: Die Warnsituation in Österreich aus der Sicht des Vorhersagemeteorologen

Absetzen der 1. Warnung


Schneewarnung abgesetzt am 4.1. 2010, gültig für den Zeitraum 7.1.2010 09 Uhr bis 10.1.2010 00 Uhr

Bereits am Samstag den 2. 1.2010 - 5 Tage vor dem Event - zeigten die langfristigen Vorhersagemodelle erste Signale, dass im Zeitraum von 7.1. bis 11.1.2010 größere Schneemengen in Ostösterreich auftreten könnten. Am 3.1. und auch am 4.1. bestätigten sich diese Modellvorhersagen und so wurde die Entscheidung getroffen, eine entsprechende Warnung zeitgerecht vor diesem markanten Wetterereignis abzusetzen, um den Landeswarnzentralen und anderen öffentlichen Einrichtungen ausreichend Zeit für ihre Personaleinsatzplanung zu geben. Die Vorhersagemodelle zeigten anhaltende Niederschläge über einen Zeitraum von 3 Tagen bei Temperaturen knapp unter oder um den Gefrierpunkt. Für den Osten Österreichs wurde eine Schneewarnung mit Mengen zwischen 20 und 55cm abgesetzt, die aufgrund der unterschiedlichen Häufigkeit solcher Ereignisse in den diversen politischen Bezirken Österreichs in den Warnfarben endete, wie sie in der Abbildung zu sehen sind.

Ursachen der großen Spannweite der Warnung

Gerade bei der Schneemenge wirken viele Faktoren zusammen, welche sich in Folge multiplizieren und die Unsicherheit erhöhen. Die Vorhersagemodelle sahen vor, dass sich knapp östlich von Österreich ein Warmluftkörper befinden wird, wodurch in den unteren 1500m der Atmosphäre mit Temperaturen um oder knapp über dem Gefrierpunkt zu rechnen ist. Das Team der Wettervorhersage stand vor einer Vielzahl an Unsicherheiten, die es zu bewerten hatte.
Die genaue geografische Abgrenzung dieses Warmluftkörpers variierte in den Vorhersagemodellen, weshalb die Temperatur den ersten Unsicherheitsfaktor darstellte. Es bestand also große Unsicherheit, ob es sich durchgehend um reinen Schneefall handelt oder dieser zeitweise in Schneeregen oder gar Regen übergehen wird, was einen erheblichen Einfluss auf die Neuschneehöhe, nicht aber auf die Niederschlagsmenge hat. Selbst bei reinem Schneefall hat die Temperatur einen wesentlichen Einfluss auf die Neuschneemenge, so ergeben sich aus der gleichen Menge Wasser bei höheren Temperaturen statt 15cm zum Beispiel nur 5cm Schnee. Weiters sind die exakten Niederschlagsmengen selbst von meteorologischen Vorhersagemodellen einige Tage im Voraus mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Eine weitere Ungewissheit in diesem Zusammenhang ergibt sich aus der exakten geografischen Lage der prognostizierten Niederschlagsfelder mehrere Tage vor dem Ereignis.

Tage bis zum Beginn der Warnung

Die Vorhersagemodelle prognostizierten übereinstimmend, dass es sich am Freitag um reinen Schneefall handelt und auch in der Nacht von Samstag auf Sonntag und am Sonntag selbst mit recht intensivem Schneefall zu rechnen sein wird. Somit sprachen alle Fakten dafür, die Warnung aufrecht zu erhalten und lediglich den Zeitraum auf Freitag früh bis Sonntag Abend zu verlegen.

Das Ereignis beginnt

Am Freitag in der Früh prognostizierten alle zur Verfügung stehenden Vorhersagemodelle für den Freitag selbst intensive Schneefälle für den Nordosten Österreichs und auch der Warmluftkörper am Samstag wurde in den kurzfristigen und somit meist exakteren Prognosen erneut ein wenig weiter im Osten angezeigt. Zusätzlich zu den einige Tage im Voraus verfügbaren und eher grobmaschigen Vorhersagemodellen, welche die Grundlage der Warnung darstellten, standen zu diesem Zeitpunkt auch höher aufgelöste Vorhersagemodelle bereit. Diese zeigten mehrheitlich, dass es sich im Großteil der Warnepisode eher um Schneefall und nur kurz um Schneeregen oder Regen handeln sollte. Freitag bestand morgens also kein Grund an den Vorhersagemodellen zu zweifeln, da zu diesem Zeitpunkt auch alle österreichischen Wetterstationen deutlich negative Temperaturen aufwiesen und die Modellprognose damit stützten.
Im Tagesverlauf setzte zuerst in Ungarn (dies entsprach auch den Wettermodellen), später auch im Burgenland gefrierender Regen ein. Aufgrund dieser Wetterentwicklung wurde in einer Krisensitzung die aktuelle Warnstrategie noch einmal behandelt.
In den Abendstunden ging im Großraum Wien der Schneefall zeitweise in gefrierenden Niederschlag über. Die Warnstrategie wurde modifiziert, eine diesbezügliche Glatteiswarnung durch gefrierenden Regen für den Osten Österreichs wurde zeitgerecht im Warntool abgesetzt.

Absetzen einer Regenwarnung

Samstag Vormittag hat die Erwärmung trotz divergierender Modellprognosen in der Höhe voll durchgegriffen. Zu diesem Zeitpunkt war es für den Meteorologen klar, dass im Osten Österreichs viel Niederschlag als Regen fallen würde. Aufgrund der erheblichen Niederschlagsmengen, welche zu erwarten waren, wurde die Schneewarnung am Samstagmorgen gebietsweise in eine Regenwarnung abgeändert. Selbst die Glatteiswarnung durch gefrierenden Regen blieb regional aufrecht, da der Boden kalt war und das Regenwasser dort sofort gefrieren konnte.

Finale des Niederschlagsereignisses

Die letzten unergiebigen Schneefälle in der Nacht von Samstag auf Sonntag wurden im Wiener Raum nur noch den Schneeräumfirmen gemeldet. Diese waren mit der Betreuung durch die ZAMG während dieser Warnperiode sehr zufrieden. Die Warnungen im öffentlichen Warntool auf den Warnseiten der ZAMG liefen bereits um 22 Uhr aus.