01.12.2016
Drei Fragen zum Winter in Österreich
Werden die Winter in Österreich wärmer oder kälter?
Vergangenheit (Temperatur)
Wegen der starken Schwankungen der Winter-Temperatur von Jahr zu Jahr ist es wichtig, möglichst lange Messreihen zu betrachten. Nur so sind statistisch sinnvolle Aussagen über etwaige langfristige Trends möglich. Österreich besitzt sehr lange Messreihen, die im Tiefland bis 1767 und in den Gipfelregionen bis 1851 zurückreichen.
Tiefland (unterhalb von 1400 Meter Seehöhe):
Der Temperatur-Trend ist in den Niederungen (also in den Tälern sowie im Flach- und Hügelland) in den letzten Jahren am höchsten Niveau der 250-jährigen Messgeschichte.
Die Winter-Temperatur schwankt von Jahr zu Jahr stark, wobei die sehr kalten Winter seltener und die sehr milden Winter häufiger werden.
In den Niederungen kamen die vier wärmsten Winter der Messgeschichte in den letzten 20 Jahren vor. Diese Messreihe geht bis 1767 zurück.
Gipfelregionen (oberhalb von 1400 Meter Seehöhe):
Der Temperatur-Trend erreichte in den 1990er-Jahren das höchste Niveau der seit 1851 bestehenden Messreihe. Anfang der 2000er-Jahre folgten zunächst einige relativ kalte Winter gefolgt von sehr milden Winter in den letzten Jahren.
Die sieben wärmsten Winter der Messgeschichte waren alle in den letzten 30 Jahren. Die Gipfel-Messreihe geht bis 1851 zurück.
Zukunft (Temperatur)
Das bisher umfassendste Projekt zur Klima-Zukunft Österreichs wird derzeit fertig gestellt (ÖKS15).
Die Berechnungen zeigen für den Winter den größten Temperatur-Anstieg aller Jahreszeiten: Die Winter-Mitteltemperatur liegt in der nahen Zukunft (2021-2050) um 1,5 °C höher als jetzt und in der fernen Zukunft (2071-2100) je nach Szenario der Emissionen rund 2,4 bis 4,4 °C höher als jetzt.
Gibt es im Winter immer mehr oder weniger Schnee?
Vorweg: Milde Winter müssen nicht zwingend schneearme Winter sein. Zum Beispiel war der Winter 2013/14 in Österreich der zweitwärmste der 250-jährigen Messgeschichte. Trotzdem gab es damals vor allem in Osttirol und Oberkärnten für einige Zeit extrem viel Schnee. Denn natürlich sind auch in milden Wintern kalte Wetterlagen mit erheblichen Neuschneemengen möglich.
Insgesamt gilt aber, dass in einem milderen Klima in tiefen Lagen die Zahl der Tage mit einer geschlossenen Schneedecke zurückgehen, da es öfter regnet als schneit bzw. gefallener Schnee schneller schmilzt.
Vergangenheit (Schnee)
Vorweg: Die hohe Variabilität in Raum und Zeit überdeckt das langjährige Klimasignal bei Schneeauswertungen und erschwert Aussagen über einen möglichen Trend. Trends sind immer abhängig von der betrachteten Zeitperiode.
Vor allem in den tiefen Lagen Österreichs ist der Schnee in den letzten Jahrzehnten weniger geworden. Näherungsweise kann man sagen, dass die Zahl der Tage mit einer durchgehenden Schneedecke in Lagen unterhalb von rund 1000 Meter um etwa 5 bis 15 Prozent abgenommen hat (Vergleich der Klimaperiode 1961-1990 mit 1981-2010). Im Hochgebirge blieb die Zahl der Schneedeckentage hingegen konstant oder nahm nur leicht ab.
Zahl der Tage mit Schneedecke pro Jahr (mindestens 1cm), Quelle ZAMG |
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1961-1990 |
1971-2000 |
1981-2010 |
Wien Hohe Warte |
42 |
39 |
40 |
Eisenstadt |
36 |
32 |
33 |
St. Pölten |
51 |
44 |
45 |
Linz |
53 |
40 |
43 |
Salzburg |
60 |
53 |
54 |
Innsbruck |
80 |
65 |
64 |
Bregenz |
58 |
49 |
49 |
Graz |
51 |
51 |
40 |
Klagenfurt |
81 |
72 |
64 |
St. Anton/Arlberg (1298m) |
146 |
140 |
133 |
Mariazell (ST, 862m) |
124 |
121 |
119 |
Bad Gastein (S, 1100m) |
139 |
134 |
133 |
Obergurgl (T, 1942m) |
196 |
202 |
196 |
Sillian (Ost-T, 1075m) |
116 |
105 |
98 |
Patscherkofel (2247m) |
217 |
223 |
217 |
Villacher Alpe (2140m) |
216 |
212 |
203 |
Feuerkogel (1618m) |
199 |
199 |
192 |
Zukunft (Niederschlag)
Niederschlag ist ein Parameter mir sehr starken räumlichen und zeitlichen Schwankungen. Daher sind Projektionen für den Alpenraum mit großen Unsicherheiten verbunden. Das bisher umfassendste Projekt zur Klima-Zukunft Österreichs ÖKS15 (derzeit in Fertigstellung) zeigt für den Niederschlag im Winter nur für die Region Nordostösterreich eine markante Änderung. Hier liegt im Zeitraum 2071-2100 die Niederschlagsmenge um etwa 20 Prozent über dem Wert der Gegenwart.
Aussagen über die Schneemengen in den nächsten Jahrzehnten sind also mit großen Unsicherheiten verbunden. Wie schon oben angeführt wird aber in einem immer wärmeren Klima in tiefen Lagen die Zahl der Tage mit Schneedecke weiter zurückgehen (da es öfter regnet als schneit bzw. gefallener Schnee schneller schmilzt).
Die Schneedecke in unteren Lagen (unterhalb von etwa 1300 m) reagiert vor allem stark auf Temperaturschwankungen. In hochalpinen Regionen ist der dominierende Faktor für die Schneelage hingegen die Niederschlagsverteilung in Abhängigkeit der vorherrschenden Wetterlagen.
Kann man den bevorstehenden Winter vorhersagen?
Nein. Es gibt zwar seriöse Versuche, Vorhersagen für ganze Monate und Jahreszeiten zu machen, speziell im Alpenraum sind die Trefferquoten aber relativ schlecht. Denn zum einen kommen hier sehr unterschiedliche Klimaeinflüsse zusammen (Mittelmeer, Atlantik, Nordsee, Ostsee, kontinentales Osteuropa) und zum anderen sorgen die Alpen mit ihren zahlreichen Bergen und Tälern für sehr große regionale Wetter- und Klima-Unterschiede.
Die ZAMG veröffentlicht die experimentellen Saisonprognosen des Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) unter http://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/produkte-und-services/saisonprognose
Naturmethoden und Bauernregeln
Besonders vor dem Winter und vor dem Sommer kursieren immer wieder Jahreszeitenprognosen, die auf Grund der Beobachtung von Pflanzen und/oder Tieren erstellt wurden. Uns an der ZAMG ist zu keiner dieser Methoden eine statistische Untersuchung bekannt, die eine gute Trefferquote belegen würde.
Da uns kein prognostischer Zusammenhang von Tieren und Pflanzen mit dem Wetter der nächsten Wochen und Monate bekannt ist, gibt es in diesem Bereich auch keine Arbeiten. Umgekehrt gibt es aber deutliche Auswirkungen des Klimas auf die Entwicklung von Pflanzen und Tieren. Diesen Bereich untersucht die Phänologie, die an der ZAMG eine lange Tradition hat. Weitere Informationen dazu finden Sie auf www.phenowatch.at und www.naturverrueckt.at.
Auch Wintervorhersagen mittels Bauernregeln haben keinen brauchbaren prognostischen Nutzen. An der ZAMG wurden mehrere Bauernregeln mit meteorologischen Daten den letzten 50 Jahre getestet. Die Trefferquoten bewegen sich meist nur um 50 Prozent, was der Trefferquote eines Münzwurfes entspricht. Ein Beispiel: „Ist der Oktober warm und fein, kommt ein scharfer Winter hinterdrein“ hat folgende Trefferquoten: Wien 48%, Salzburg 44%, Innsbruck 48%, Klagenfurt 52%.
Zusammenfassung
In allen Auswertungen über die langen und hochwertigen HISTALP-Messreihen (Österreich gesamt und einzelne Regionen) ist das aktuelle Temperaturniveau der Winter das höchste der Messgeschichte, oder es liegt zumindest nahe am Höchststand. Klimamodelle lassen erwarten, dass die milden Winter auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten häufiger und die kalten Winter seltener werden. Im Rahmen der natürlichen Schwankungen können aber weiterhin gelegentlich auch sehr kalte Winter dabei sein.
Niederschlag und Schnee schwanken von Jahr zu Jahr stark. Hier sind Trends selbst über längere Zeitreihen nur sehr schwer zu erfassen. Dazu kommt, dass diese Parameter sehr große regionale Unterschiede aufweisen. Analysen der Temperatur sind vergleichsweise einfacher und lassen Rückschlüsse auf die Schneelage zu: Durch die Klimaerwärmung ist besonders in tiefen Lagen die Zahl der Tage mit Schneedecke in der Vergangenheit zurückgegangen, da es öfter regnet als schneit bzw. gefallener Schnee schneller schmilzt. Bei einem weiteren Temperaturanstieg setzt sich dieser Trend auch in der Zukunft fort.
Eine einigermaßen detaillierte Prognosen des Verlaufs von Temperatur- und/oder Niederschlag in einem bevorstehenden Winterwetters ist auf einige Monate im Voraus nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht möglich. Es gibt keine Methode, die eine belegbar brauchbare Trefferquote aufweist.
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Grafiken
Grafiken zur Entwicklung der Temperatur im Alpenraum in der Vergangenheit. Die letzte Grafik zeigt die Aufteilung der Regionen. Die Auswertungen basieren auf HISTALP-Daten, der längsten und hochwertigsten Datenreihen für den Alpenraum. Mehr dazu sowie frei abrufbare Daten auf www.zamg.at/histalp .
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