23.02.2017
ICE CONTROL: Projekt zur Prognose von Vereisung an Windkraftanlagen
Vereiste Windkraftanlagen müssen aus Sicherheitsgründen abgestellt werden. Die ungeplanten Stillstandszeiten verursachen hohe Kosten, denn die Betreiber verlieren Verdienst und müssen mitunter teure Ausgleichsenergie beschaffen. Genauere Prognosen könnten helfen, den Windkraftbetrieb zu optimieren. Hier setzt das derzeit laufende Forschungsprojekt ICE CONTROL an. Dabei werden neue Methoden zur Vorhersage der Vereisung entwickelt, innovative Vereisungsdetektoren getestet und der zu erwartende finanzielle Nutzen berechnet. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) setzt das Projekt gemeinsam mit der Universität Wien, dem VERBUND sowie der Firma Meteotest um.
Wenn Windkraftanlagen vereisen, entstehen mehrfach Kosten: Die Anlagen werden gestoppt, produzieren keinen Strom, und Ausgleichsenergie muss ins Netz eingespeist werden. Außerdem dürfen einige Anlagen, je nach Standort, erst nach einer Sichtkontrolle vor Ort wieder in Betrieb gesetzt werden, wodurch zusätzlich Personalkosten entstehen. Das Heizen der Rotorblätter verbraucht Strom und ist nur bei abklingenden Vereisungsbedingungen (niedrige Wahrscheinlichkeit einer Wiedervereisung der Windkraftanlage) rentabel. Vereisung betrifft ganz besonders Windkraftanlagen in Lagen zwischen 600 und 1500 Meter Seehöhe, wie sie in Österreich in mehreren Regionen stehen bzw. geplant sind.
Pro Winter durchschnittlich 2.900 Megawattstunden Produktionsausfall
Alleine der im langjährigen Mittel milde Winter 2015/16 verursachte beim Energieversorger VERBUND vereisungsbedingte Stillstandszeiten von ca. 1.600 Stunden und minderte die Stromproduktion um ca. 1.200 MWh (Megawattstunden). Die vereisungsbedingten Produktionsverluste schwanken - je nach Wetter - von Winter zu Winter stark, durchschnittlich verursachten vereiste Windkraftanlagen in den letzten vier Winterperioden Produktionsausfälle in Höhe von ca. 2.900 MWh pro Jahr.
Partner aus Forschung, Anwendung und Wirtschaft
Im Projekt ICE CONTROL arbeiten derzeit die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), das Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien, der Energieversorger VERBUND Hydro Power GmbH und die Firma Meteotest daran, deutlich bessere Vereisungsvorhersagen zu entwickeln, um eine messbare finanzielle Einsparung im Betrieb zu erreichen. Die Projektpartner sind so gewählt, dass Expertisen aus jedem Teilbereich vorhanden sind (Meteorologie, Vereisung an Strukturen, Messung, Betrieb). Im meteorologischen Bereich erforscht die Uni Wien innovative Methoden im Bereich der numerischen Vereisungsvorhersage, die anschließend von der ZAMG vor allem in Hinblick auf eine spätere operationelle Verwendung weiterentwickelt und getestet werden.
Prognoseunsicherheit ist Teil der Vorhersage
Es wird an drei Prognoseschritten gearbeitet, erklärt Alexander Beck von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): „Erstens muss das Wetter in der unmittelbaren Umgebung der Windkraftanlage sehr exakt modelliert werden, zweitens daraus das Potenzial für Vereisung abgeleitet werden und drittens die dadurch entstehende konkrete Vereisung an den Rotorblättern vorhergesagt werden. Um die Unsicherheiten optimal abzubilden, beinhaltet die Prognose auch Angaben zur Eintrittswahrscheinlichkeit der Vereisung. Somit erhält der Betreiber zusätzlich zur Prognose eine Information, wie sicher diese eintreffen wird."
Der Mehrwert der neuen Methode wird in mehreren Schritten quantifiziert:
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Durch Verifikation der Wahrscheinlichkeitsprognosen mittels eigens durchgeführter Messungen meteorologischer Parameter und Vereisungsparameter an einer Windkraftanlage.
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Mittels Benchmarking derzeitiger „State-of-the-art"-Vereisungsprognosen mit den Wahrscheinlichkeitsprognosen - ein weiteres Novum, ein derartiger Benchmark-Test wurde noch nie durchgeführt.
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Durch ein innovatives Cost-loss-Modell zur monetären Abschätzung des Mehrwertes des gewählten Ansatzes.
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Durch Prüfung der Tauglichkeit des Ansatzes an mehreren vereisungsanfälligen Windparkstandorten in Österreich.
Innovative, extrem dünne Messfolien
Das Projekt ICE CONTROL startete im April 2016 und läuft bis März 2019. In den vergangenen Monaten wurde das Messkonzept erstellt und die Test-Windkraftanlage mit Sensoren ausgerüstet. Derzeit findet der erste Messwinter statt. Dabei werden innovative Systeme verwendet, wie zum Beispiel extrem dünne Eisdetektor-Folien der Firma Eologix - die ähnlich wie Aufkleber - an den Rotoren der Windkraftanlagen befestigt werden, um den Vereisungszustand und die Temperatur punktgenau am Rotorblatt zu messen.
ICE CONTROL wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Energieforschungsprogramms 2015 durchgeführt.
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Vereiste Windkraftanlagen verursachen hohe Kosten: Im Projekt ICE CONTROL werden neue Vorhersage-Methoden zur Optimierung des Betriebs entwickelt. Quelle: VERBUND Hydro Power GmbH –>Link zum Bild in Originalgröße
Projekt ICE Control: Neue Methoden zur Vorhersage der Vereisung an Windkraftanlagen, Test von innovativen Vereisungsdetektoren und Berechnung des finanziellen Nutzens. Quelle: VERBUND Hydro Power GmbH –>Link zum Bild in Originalgröße
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Web-Links
ZAMG: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at
Uni Wien, Institut für Meteorologie und Geophysik: imgw.univie.ac.at/research/general-meteorology-and-climatology/projects/ice-control
Verbund:www.verbund.com
Meteotest:www.meteotest.ch