Neuigkeiten

der ÖSTERREICHISCHEN GESELLSCHAFT FÜR ERDBEBENINGENIEURWESEN UND BAUDYNAMIK


Generalversammlung

Am 5. Juni 2003 findet um 17:00 c.t. an der TU Wien im Seminarraum der Inst. f. Mechanik und Allgemeine Mechanik im Turm B(gelb), 3. Stock, im Raum DB03E11 die diesjährige Generalversammlung der Österreichischen Gesellschaft für Erdbebeningenieurwesen und Baudynamik statt.


Mitteilung des Generalsekretärs 

BULLETIN OF EARTHQUAKE ENGINEERING (BEE)

Im Mitteilungsblatt vom Dezember 2002 habe ich Ihnen das künftig im Kluwer Verlag erscheinende Journal der European Association for Earthquake Engineering (EAEE) ans Herz gelegt. Mit dem Bezug verbunden ist auch die Mitgliedschaft bei der EAEE. Es gibt die Möglichkeit, persönliches Mitglied bei der EAEE zu werden bzw. als juridisches Mitglied beizutreten. Auch die nationalen Mitgliedgesellschaften werden künftig einen finanziellen Beitrag leisten müssen. Die EAEE wird nun erstmals in ihrer Geschichte über ein Budget verfügen. Die Beiträge sind sehr niedrig gehalten und dienen in der ersten Phase dazu, das Journal BEE ins Leben zu rufen. Es sind folgende Mitgliedsbeiträge vorgesehen:  

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Persönliche Mitgliedschaft inkl. Bezug der BEE in elektronischer Form: 25,00 pro Jahr, hiervon gehen € 20,00 an den Kluwer Verlag  
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Persönliche Mitgliedschaft inkl. Bezug der BEE als hardcopy: 45,00 pro Jahr, hiervon gehen € 40,00 an den Kluwer Verlag  
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Juridische Mitgliedschaft inkl. Bezug der BEE als hardcopy: 200,00 pro Jahr, hiervon gehen € 150,00 an den Kluwer Verlag

Das erste Heft wird in Kürze erscheinen. Es sind folgende Inhalte vorgesehen:  

1.      Editorial  

2.      M.N. Aydino
ðlu: An Incremental Response Spectrum Analysis Procedure Based on Inelastic Spectral Displacements for Multi-Mode Seismic Performance Evaluation  

3.      C.S. Oliveira: Seismic Vulnerability of the „Architectural“ Heritage: Methods of Analysis and Emergency Plans. A Contribution.  
4.      R. Spence, et al.: Comparing Loss Estimation with Observed Damage: A Study of the 1999 Kocaeli Earthquake in Turkey.  
5.      M. Dolce, et al.: Earthquake Damage Scenarios of the Building Stock of Potenza (South Italy) Including Site Effects  
6.      J. Douglas: What is a poor quality strong-motion record? (Technical note)  
7.      M. Erdik, et al.: Istanbul Earthquake Rapid Response and the Early Warning System

Falls Sie Interesse am Bezug der BEE und einer EAEE Mitgliedschaft haben, ersuche ich Sie, das Anmeldeformular von der EAEE Homepage (http://www.eaee.org) herunterzuladen und entsprechend der Anleitung vorzugehen.

Als Zahlungsform ist die Zahlung mittels Kreditkarte (VISA, MASTERCARD) vorgesehen, um die relativ hohen Bank- Überweisungsspesen zu vermeiden. Falls Sie dennoch direkt von Ihrem Konto überweisen wollen und hierbei die gesamten Spesen übernehmen, ersuche ich Sie, mich zu kontaktieren: 

Univ. Prof. DI Dr. Rainer FLESCH
arsenal research
Faradaygasse 3
A – 1030 Wien

Tel: +43 (0)50 550 6319, Fax: +43 (0)50 550 6599, e-mail: rainer.flesch@arsenal.ac.at

Bitte leiten Sie diese Information auch an andere KollegInnen weiter, die Interesse haben könnten. Bitte unterstützen Sie dieses wichtige Projekt durch Ihre baldige Anmeldung! 

Rainer Flesch

Am 1. Juni 2002 ist die neue ÖNORM B 4015 erschienen

Die neue Norm für die erdbebengerechte Bauweise von Gebäuden in Österreich umfasst die beiden Teile der Norm aus dem Jahr 1997 (1. Teil) und 1999 (2. Teil). Die Norm ist besondere für Bauingenieure von Interesse, und ist beim Österreichischen Normungsinstitut, Heinestraße 38, Postfach 130, A-1021 Wien (Fax 01 21300-818) erhältlich.


Die alte und die neue Erdbeben-Baunorm ÖNORM B 4015 für Österreich - Was ist der Unterschied?

Autor: Wolfgang A. Lenhardt, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik/Abteilung Geophysik

Nach über 20 Jahren ist eine neue Fassung der ÖNORM B 4015 - Erdbebenkräfte im Bauwesen - am 1. Juni 2002 erschienen. Was hat sich seit der Fassung von von 1979 geändert? Mit der Beantwortung dieser Frage aus der Sicht der Seismologie beschäftigt sich der vorliegende Beitrag.

Allgemein

Erdbeben sind zwar selten in Österreich, im Durchschnitt werden aber doch 20-40 Erdbeben, die sich allein in Österreich ereignen, pro Jahr verspürt. Natürlich werden alle diese Beben nicht im gesamten Bundesgebiet wahrgenommen, sondern meist nur im 10 km-Umkreis um das ‘Epizentrum’. Deshalb entsteht manchmal der Eindruck, das Erdbeben in Österreich eigentlich kein Thema sind. Nun, in Wahrheit finden viele dieser kleinen Beben in Bereichen statt, in denen es vor nicht allzu langer Zeit (50 bis 100 Jahre) auch stärkere Erdbeben mit schweren Gebäudeschäden gegeben hat. Um solchen Fällen vorzubeugen wurden Richtlinien für erdbebengerechtes Bauen in Form der ÖNORM B 4015 eingeführt. Besondere Bauwerke, wie z.B. Talsperren, unterliegen noch zusätzlichen Auflagen, die über den Rahmen der ÖNORM weit hinausgehen.

Die Erdbebengefährdungskarte

Die Basis für die erdbebenbezogene Standortbeurteilung stellt eine Landkarte dar, die die Erdbebenzonen ausweist. Die neue Karte unterscheidet - genauso wie die alte Karte - fünf Erdbebenzonen (Zonen 0 - Zone 4), die mit den zu erwartenden effektiven Bodenbeschleunigungen (= 70 % der maximalen Bodenbeschleunigungen) in Verbindung stehen. Die neuen Fassung vom 1. Juni 2002 bezieht sich allerdings auf zwei Karten, die beide in der ÖNORM veröffentlicht sind. Die erste Karte stellt die Zonenkarte dar. Die zweite Karte dient zur Ablesung der relevanten effektiven Bodenbeschleunigungen. Für größere Ortschaften finden sich diese Werte zusätzlich in einem Anhang der ÖNORM um eine klare Zuweisung der entsprechenden Werte für einen bestimmten Standort zu gewährleisten. Interpolieren zwischen benachbarten Isolinien ist daher in den meisten Fällen nicht mehr notwendig. Diese Liste der Ortschaften entspricht praktischerweise auch der Liste in der ÖNORM B 4014 - Teil 1 für ‘Statische Windwirkungen’. Aber auch in der Methodik der Festlegung der Zonen unterscheidet sich die neue Version von der bislang gültigen Erdbebenzonenkarte in einigen Punkten.

Daten

Der Erdbebenkatalog ist unter ständiger Überarbeitung. So werden nicht nur laufend neue Erdbeben hinzugefügt, sondern auch historische Erdbeben aufgrund neuerer Untersuchungen aktualisiert. Im Weiteren bezieht sich die neue Erdbebenkarte auf alle vorhandenen Erdbebendaten von Österreich. Außerdem berücksichtigt die neue Karte auch die Auswirkungen von entfernteren Epizentren auf einen bestimmten Standort. Der Einfluss der Beben aus dem Mürztal auf die Erdbebengefährdung von Niederösterreich wird zum Beispiel dadurch mitberücksichtigt. Dies ist heute mit eigens dafür entwickelten Computerprogrammen möglich.

Erdbebengefährdung in Österreich. Die roten Bereiche (Zone 4 der ÖNORM B 4015) weisen die höchste Gefährdung aus (Grafik: Bundesministerium für Inneres/ZAMG).

Gefährdung

Mehr als die Hälfte der Staaten, die eine Erdbebennorm herausgegeben haben, verwenden heute als Bemessungsgrundlage der Gefährdung (= Überschreitenswahrscheinlichkeit einer bestimmten Erdbebenbelastung) eine mittlere Wiederkehrperiode von 475 Jahren. Diese Zahl erscheint kryptisch, resultiert aber aus zwei Überlegungen:

1) Statistisch ist dieser Zeitraum notwendig, um das heute akzeptierte Erfordernis eine Überschreitungswahrscheinlichkeit von nur 10 % in 50 Jahren, welches  einer mittleren Wiederkehrperiode von 475 Jahren entspricht, zu erfüllen.

2) Die Erdbebeninformationen aus diesen Zeitraum können noch als relativ vollständig betrachtet werden.

3) Der Bemessungszeitraum ist damit auch EU-konform und entspricht dem EUROCODE-8.

Die Werte der alten Karte bezogen sich hingegen auf das 100-jährliche Erdbeben und die Isolinien gleicher Erdbebenbelastung auf das 200-jährliche Erdbeben. In Bereichen historischer Extremereignisse waren damals außerdem lokale Anpassungen durchgeführt worden. Weiters beziehen sich die Zonen der neuen Karte auf Beschleunigungen, und nicht, wie in der alten Version der Norm, auf den Erdbebenkoeffizienten. Warum diese Komplizierung? Dieser scheinbare Umweg soll den Zusammenhang mit der verwendeten Grundgröße - in diesem Fall die Bodenbeschleunigung - verdeutlichen. Während die alte Karte auf Intensitätswerten beruhte, denen in der Folge Bodenbeschleunigungen, und weiters die Erdbebenkoeffizienten zugeordnet waren, so wurde die neue Karte direkt aufgrund rekonstruierter Bodenbeschleunigungen erstellt.

Da sich in den letzten Jahrzehnten eine gewisse Vereinheitlichung der Erdbebennormen etabliert hat und diese Grundsätze von vielen Ländern inzwischen auch angewendet wurden, entspricht die neue Fassung der Österreichischen Erdbebennorm dem heute international akzeptierten Standard und dem EUROCODE. 

Anwendung

Das folgende Beispiel soll die Anwendung der neuen Zonenkarte und der Beschleunigungskarte, die der Norm beigelegt sind, illustrieren. Wählen wir als Standort z.B. Kindberg im Mürztal, da in diesem Bereich schon mehrfach stärkere Erdbeben aufgetreten sind. Fachleute wissen, dass sich dort 1267 ein stärkeres Beben (schwere Gebäudeschäden, vergleichbar mit den Schäden anlässlich des Erdbebens am 12.April 1998 in Slowenien), 1837 ein Beben in Mürzzuschlag (mittlere Gebäudeschäden, vergleichbar mit den Schäden in Seebenstein/NÖ, 1972), 1885 wieder ein Beben mit umfangreichen Gebäudeschäden in Kindberg und 1927 ein stärkeres Erdbeben  mit Gebäudeschäden in Wartberg ereignete. Diese Hintergrundinformation ist zwar nicht aus der Norm erhebbar, sie bildet aber die Basis für die beiden in der Norm abgebildeten Karten der Erdbebenzonen und der horizontalen 'effektiven' Bodenbeschleunigung.
Der Standort zählt wegen der stärkeren Erdbeben in der Vergangenheit auch zu jener Erdbebenzone mit den höchsten 'Auflagen', nämlich Zone 4. Die zu berücksichtigende Bodenbeschleunigung beträgt dort 1,09 m/s² und der entsprechende Erdbebenkoeffizient daher 0,11 (=1,09/9,81). Auch dieser Wert ist aus der zweiten Landkarte in der Norm abzulesen. Ist also ein individuelles Gebäude, z.B. Familienhaus, zu bemessen, so wird die Berücksichtigung der Grundregeln erdbebensicheren Bauens laut ÖNORM B 4015 empfohlen, die sich im Anhang der ÖNORM B 4015 finden.

Definitionen:
Epizentrum: Projektion des Erdbebenherdes an der Erdoberfläche, entspricht meist dem Ort der stärksten Auswirkung (Fühlbarkeit bzw. Schäden)
Intensität: Fühlbarkeits- und Schadensbeschreibung (s.a. 12-teilige Europäische Makroseismische Skala EMS-98) - bezieht sich auf Effekte an der Oberfläche die, ähnlich der Temperaturskala, in ‘Grad’ angegeben werden.

Literatur: Lenhardt, W.A. 1995. Regional earthquake hazard in Austria. Proc. of '10th European Conference on Earthquake Engineering', Duma, G. (Hrsg.), Balkema, 63-68.


Bücher zum Thema

Erdbeben in Österreich
Autoren: Christa Hammerl und Wolfgang Lenhardt. Leykam Verlag, 1997

Baudynamik - praxisgerecht, Band 2, 1.Teil Tiefbau (jetzt im Sonderangebot erhältlich, siehe unter Neuigkeiten)
Autor: R. Flesch, Bauverlag GmbH, Wiesbaden und Berlin, 1997

Baudynamik - praxisgerecht, Band 1, Berechnungsgrundlagen (jetzt im Sonderangebot erhältlich, siehe unter Neuigkeiten)
Autor: R. Flesch, Bauverlag GmbH, Wiesbaden und Berlin, 1993

Structural Dynamics - Recent Advances
Herausgeber: G.I. Schueller, Springer Verlag Wien, 1991
Mit Beiträgen von F. Ziegler, F.D. Fischer und F.G. Rammerstorfer


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