07.11.2013
Heuer überdurchschnittlich viele Erdbeben
Heuer registrierte der Erdbebendienst der ZAMG bisher 64 von der Bevölkerung in Österreich verspürte Beben. Das ist deutlich mehr als in durchschnittlichen Jahren. In der Statistik wirken sich vor allem die relativ starken Beben in Bad Eisenkappel und Ebreichsdorf mit ihren zahlreichen Nachbeben aus.
Vor 75 Jahren, am 8. November 1938, ereignete sich in Ebreichsdorf (NÖ) das bis heute stärkste Beben dieser Region. Bis Wien stürzten Kamine ein und Mauern rissen. Selbst in Dresden war das Beben noch spürbar.
In den letzten Wochen waren immer wieder Erdbeben spürbar, vor allem in Teilen von Niederösterreich, Wien, Kärnten und Tirol. Die Statistik bestätigt den subjektiven Eindruck, dass die Erde in Österreich heuer schon öfter bebte, als in anderen Jahren. Christiane Freundenthaler, Seismologin an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): „Heuer gab es in Österreich bereits 64 spürbare Erdbeben. Das ist deutlich mehr als in einem durchschnittlichen Jahr. Seit 2000 gab es in Österreich im Mittel 42 spürbare Erbeben pro Jahr. Es lässt sich aber kein Trend feststellen, dass die Beben häufiger werden. Die Zahl der Beben schwankt von Jahr zu Jahr stark. 2002 zum Beispiel gab es nur 13 Erdbeben."
Einen Grund für die Häufung heuer sieht die Expertin darin, dass es einige relativ starke Beben gab, wie am 2. Februar in Bad Eisenkappel (K) sowie am 20. September und am 2. Oktober in Ebreichsdorf (NÖ). Christiane Freudenthaler: „Ein starkes Erdbeben verursacht mehrere deutlich spürbare Nachbeben. Das wirkt sich dann natürlich auch in der Statistik aus."
Vor 75 Jahren: Das bisher stärkste Beben im Raum Ebreichsdorf
Ebreichsdorf in Niederösterreich, wo die Erde heuer schon mehrmals deutlich spürbar bebte, liegt in einer typischen Bebenzone. Vor 75 Jahren, am 8. November 1938 um 4 Uhr 12, ereignete sich hier das bis heute stärkste in dieser Region registrierte Erdbeben. Die Intensität betrug 7 Grad auf der 12-stufigen Fühlbarkeitsskala (Magnitude 5,0). Von Ebreichsdorf bis Wien gab es zahlreiche Schäden. Selbst in Dresden war das Beben noch spürbar. An der ZAMG in Wien übersteuerten die Seismographen und waren nach den ersten Bodenbewegungen nicht mehr aufzeichnungsfähig.
Kamine stürzten ein, Mauern rissen, das Thermalwasser trübte sich
Die Erdbeben-Experten der ZAMG Christa Hammerl und Wolfgang Lenhardt fassten für das Buch „Erdbeben in Österreich" (Leykam Verlag Wien, Graz 1997) die Auswirkungen des Ebreichsdorf-Bebens von 1938 zusammen. Hier ein Auszug:
Im Bereich des Epizentrums - zwischen Ebreichsdorf und Weigelsdorf - kam es an fast allen Häusern zu Beschädigungen des Mauerwerks. Manche Risse waren zentimeterbreit. 26 Kamine hatten allein in Ebreichsdorf Schaden gelitten und mussten zum Teil abgetragen werden. Etwas geringer waren die Schäden in Siegersdorf und Deutsch-Brodersdorf und Leithaprodersdorf. Noch in Baden stürzten Balustraden herab, Rauchfänge wurden beschädigt und manche der Zimmerdecken zeigte Sprünge. Auch das Thermalwasser in Bad Fischau war infolge der Erschütterungen getrübt. Überhaupt war das Fischatal scheinbar mehr betroffen, als die angrenzenden Gebiete. Dies dürfte ihre Ursache in den Sedimentverfüllungen des Fischatales haben. Im Braunkohlebergwerk Grillenberg bei Berndorf wurde zwar das Erdbeben unter Tage wahrgenommen, jedoch viel schwächer als an der Oberfläche. Dieser Effekt ist nicht überraschend, denn die Oberflächenwellen sind entstehungsgemäß an die Erdoberfläche gebunden und ihre Energie nimmt mit der Tiefe schnell ab.
Die Erschütterungen waren auch in Wien noch so heftig, dass im 10. Bezirk Fabrikschornsteine einstürzten. Schadensberichte sind auch von noch weiter entfernt liegenden Ortschaften bekannt, können aber nicht als repräsentativ angesehen werden.
Trotz der damals bereits fortgeschrittenen wissenschaftlichen Erklärung der Ursache von Erdbeben war die in der Nacht aufgetretene Mondfinsternis für Laien Anlass zu Spekulationen. Aber auch die Seismologen irrten bezüglich der Herdtiefe. Sie waren aufgrund der damals üblichen Methode der Seismogramminterpretation fest überzeugt, dass sich das Erdbeben in 25 bis 28 Kilometer Tiefe ereignet haben müsste. Eine auf makroseismischen Daten beruhende Auswertung führte hingegen zu einer Herdtiefe von etwa 10 Kilometer.
(nach: „Erdbeben in Österreich", Christa Hammerl, Wolfgang Lenhardt, Leykam Verlag Wien, Graz 1997)
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Bilder
Zahl der Beben in Österreich schwankt stark: Die Statistik seit dem Jahr 2000 zeigt keinen Trend nach oben oder unten, aber starke Schwankungen von Jahr zu Jahr. Im Mittel gab es seit 2000 in Österreich 42 verspürte Erdbeben pro Jahr. Quelle ZAMG.
Die Zahlen im Detail: 2000: 45 verspürte Beben, 2001: 38, 2002: 13, 2003: 62, 2004: 45, 2005: 38, 2006: 33, 2007: 33, 2008: 49, 2009: 32, 2010: 50, 2011: 51, 2012: 62, 2013: bis heute 64 verspürte Beben.
Verspürte Erdbeben 2013: Die ZAMG verzeichnete heuer bisher 64 von der Bevölkerung verspürte Erdbeben. Die Karte zeigt die typische Häufung der Beben in den tektonisch aktiven Zonen, wie Rheintal, Inntal und Seitentäler, Mur- und Mürztal, Semmeringgebiet, Wiener Becken. Quelle ZAMG.
Registrierte Erdbeben 2013: Alle von Seismographen der ZAMG registrierte Erdbeben (verspürt und nicht vberspürt). Die Größe der Kreise ist abhängig von der Magnitude, die Farbe von der Herdtiefe. Quelle ZAMG.
Spürbarkeit des Erdbebens von Ebreichsdorf am 8. November 1938: Die äußere Linie zeigt, dass das Hauptbeben in Richtung Nordwesten bis Dresden und in Richtung Süden bis ins heutige Slowenien verspürt wurde. Die inneren Linien kennzeichnen die Schüttergebiete der beiden stärksten Nachbeben. Quelle ZAMG.
Web-Links
ZAMG Erdbeben-Infos: http://www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/erdbeben/aktuelle-erdbeben
ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at