30.05.2017
Neue App, Messgeräte und Analysen: Schülerinnen und Schüler beteiligen sich an der Erdbebenforschung
Präsentation der Ergebnisse bei der Schlussveranstaltung von „Schools & Quakes" und „QuakeWatch Austria" am 30. Mai 2017 im Festsaal der TU Wien.
Im Rahmen der Sparkling Science und Citizen Science Projekte „Schools & Quakes" und „QuakeWatch Austria" leisteten Schülerinnen und Schüler des TGM Wien, der HTL Mödling und der HTL Wr. Neustadt gemeinsam mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und der TU Wien substanzielle Beiträge zur Erdbebenforschung. Diese betreffen unter anderem den Ausbau des seismischen Messnetzes, die Entwicklung neuer Methoden und Geräte zur Detektion von Erdbeben und eine App, welche die sofortige Meldung von Erdbebenwahrnehmungen ermöglicht. Im Rahmen einer Schlussveranstaltung am 30. Mai 2017 wurde im Festsaal der TU Wien über die gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern erbrachten wissenschaftlichen Leistungen berichtet und deren Nachhaltigkeit dargestellt. Der Bogen spannt sich von der Schule zur Wissenschaft und weiter bis zur Gesellschaft und öffentlichen Verwaltung. Die Projekte sind vom BMWFW, von der Kommission für Geowissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (GEOK) und dem Naturhistorischen Museum Wien gefördert.
Neue seismische Stationen in Höhlen und alten Bergwerken
Die Verdichtung des seismischen Netzes ist eine Voraussetzung zur genaueren Lokalisierung und Bewertung von Erdbeben. Wegen des geringen seismischen Störpegels bieten sich dabei Höhlen oder Stollen stillgelegter Bergwerke an. In zum Teil schwierigen Einsätzen wurden durch Schülerinnen und Schüler der HTL Mödling und HTL Wiener Neustadt neue Messstationen in der Seegrotte Hinterbrühl, der Emmerberg Höhle (Fischauer Berge), dem Georgistollen (Pitten) und dem Schaubergwerk Grillenberg (Payerbach) eingerichtet bzw. bestehende Stationen modernisiert. Die Daten stehen in Echtzeit der ZAMG und der TU Wien zur Verfügung.
Schüler analysieren Erdbebendaten
Den drei Schulen wurde je ein Computer mit einem eigens entwickelten seismischen Auswerteprogramm (Mertl Research GmbH) zur Verfügung gestellt. Rasch lernten die Schülerinnen und Schüler, die typische Signatur von Erdbeben in den seismischen Daten zu erkennen. Im Rahmen einer Schul-Diplomarbeit wurde außerdem die Erdbebenserie von Alland (Hauptbeben 25. April 2016) eingehend untersucht. Die dabei gemachten Erfahrungen flossen wiederum in die Programmentwicklung ein. Darüber hinaus wurden Methoden zur robusten und automatischen Detektion von lokalen Erdbeben auf der Basis von Amplitudenmessungen entwickelt.
Wie schnell deformiert sich die Erdkruste?
Entlang der Störung im Mur-/Mürztal und Wiener Becken verschiebt sich der südöstlich gelegene Block der Erdkruste seitlich im linksdrehenden Sinn. Die möglichst genaue Kenntnis dieser Verschiebungsrate ist für die Abschätzung eines maximal möglichen Bebens von wesentlicher Bedeutung. Erstmals liegen hier durch die Auswertung von GPS-Daten durch die TU Wien gesicherte Informationen vor.
Neue App zur Meldung von Erdbebenwahrnehmungen
Ein besonderes Highlight stellt die Entwicklung einer App zur schnellen Meldung von Erdbeben dar. Die Informationen nutzen dem Katastrophenschutz und der Forschung. Die App wurde ebenfalls am Dienstag (30.5.2017) bei der Schlussveranstaltung von „Schools & Quakes" und „QuakeWatch Austria" an der TU Wien präsentiert und steht kostenlos zum Download zur Verfügung.
Meldungen nutzen dem Katastrophenschutz und der Forschung
„Die Meldungen aus der Bevölkerung nach einem Erdbeben machen eine schnelle erste Einschätzung der Lage möglich", sagt Wolfgang Lenhardt von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): „Wir im Erdbebendienst kombinieren die ersten Wahrnehmungsberichte nach einem Erdbeben mit den Messdaten und können sofort Informationen über Stärke und Auswirkungen an den Katastrophenschutz weitergeben. Somit wissen die Einsatzkräfte schnell, ob es nur ein harmloses Beben war oder weitere Maßnahmen notwendig sind. Langfristig gehen die Beobachtungsdaten auch in die Beurteilung der Erdbeben-Gefährdung einer Region oder eines Standortes ein, die unter anderem für die Planung des Katastrophenschutzes und in Baunormen eine wichtige Rolle spielt."
Neue App liefert auch weltweite Erdbebeninformationen
Die App dient nicht nur der Übermittlung von Bebenmeldungen. Sie zeigt auch alle Erdbeben der letzten Stunden, Tage und Wochen in Österreich und weltweit, inklusive Distanz zum aktuellen Standort, sowie Tipps zum Verhalten bei Erdbeben und statistische Informationen.
Die Einbindung der Bevölkerung hat an der ZAMG bereits eine lange Tradition. „Unsere ältesten Wahrnehmungsformulare für Erdbeben stammen aus dem Jahr 1897", sagt Beben-Experte Lenhardt, „damals startete die ´Erdbeben-Commission der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien´ eine Initiative zur besseren Dokumentation von Beben. Seit dem Jahr 2004 bieten wir ein Onlineformular auf der Website an, über das uns bisher 45.000 Wahrnehmungsberichte nach Erdbeben in Österreich erreicht haben. Durch die jetzt präsentierte neue Smartphone-App erhoffen wir uns noch mehr und noch schnellere Meldungen aus der Bevölkerung."
MacroSeismic Sensoren
Als Ergänzung zu den qualitativen Daten, welche über die App in verstärkter Weise anfallen werden, wurden von Schülern und Absolventen des TGM sogenannte MacroSeismic Sensoren zur preisgünstigen, quantitativen Erfassung der Schwingungsbelastung entwickelt. Diese Sensoren werden in Gebieten aufgestellt, aus denen üblicherweise auch die Erdbebenmeldungen kommen. Im Gegensatz zu den konventionellen seismischen Stationen wird damit in dicht bewohnten Gebiete gemessen.
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Web-Links
App "QuakeWatch Austria" für Android: ->hier
App "QuakeWatch Austria" für iPhone: ab Anfang Juni verfügbar
Wissenschafts-Projekte mit Beteiligung von Schule/Bevölkerung: www.citizen-science.at und www.sparklingscience.at
ZAMG Erdbeben: www.zamg.at/erdbeben
ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at