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16.02.2022

Registrierung des Erdbebenschwarms unter Wr. Neustadt

Seit Mitte Jänner 2022 wurden mit dem Erdbebenmessnetz der ZAMG unterhalb von Wiener Neustadt über 450 Erdbeben registriert. In den meisten Fällen wurden die sehr geringen Erschütterungen durch die Beben in einer Tiefe von etwa 8 km von der Bevölkerung gar nicht bemerkt. Nur sieben Beben wurden seit dem 19. Jänner von der Bevölkerung wahrgenommen. Die meisten Wahrnehmungsmeldungen (über 50) wurden für das Beben am 6. Februar um 2:25 Uhr MEZ mit einer Magnitude von 2,4 (ML) an die ZAMG gesendet. Die vorläufige Intensität dieses Bebens betrug 3 bis 4 Grad auf der zwölfstufigen Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98).


Wie ist die Entwicklung des Erdbebenschwarms?

Zwischen 17. und 29. Jänner folgte eine erste Phase leicht erhöhter Aktivität. In diesem Zeitraum wurde nur ein Beben (Magnitude 1,9) verspürt, und zwar am 19. Jänner um 6:05 Uhr MEZ. Es folgte bis 2. Februar eine Ruhephase und danach drei anschließende Phasen deutlich erhöhter Aktivität, die jeweils von gefühlten Beben begleitet wurden. Abbildung 1 zeigt die zeitliche Verteilung der registrierten Magnituden bei Wr. Neustadt als hellblaue Punkte. Die sieben gefühlten Beben haben neongrüne Symbole. In dem Zeitraum des stärksten Bebens (Magnitude 2,4 am 6. Februar) wurde die größte Zunahme des seismischen Moments beobachtet. Es ist in Abbildung 1 in akkumulierter Form als dunkelviolett strichlierte Linie dargestellt. Das seismische Moment ist ein besonders geeignetes physikalisches Maß zur Bestimmung der Stärke eines Erdbebens, da es den Zusammenhang zwischen Bruchfläche, Verschiebung und Festigkeit der Erdkruste berücksichtigt.

Erdbebenschwarm Wr. Neustadt Abb1
Abb. 1: Zeitliche Verteilung der registrierten Magnituden unter Wr. Neustadt. Die gefühlten Beben haben neongrüne Symbole (Stand 18. Feb., 16:00 Uhr MEZ, Vollständigkeit der Daten: 18.  Feb., 01:00 Uhr MEZ).

Wann wurden die meisten Beben registriert?

Abbildung 2 zeigt in Abhängigkeit von Magnitudenklassen, wann die meisten Beben registriert wurden. Insgesamt wurden am 14. Februar knapp 80 Erdbeben pro Tag lokalisiert. An diesem Tag wurden auch die meisten Beben mit einer Magnitude zwischen 0 und 1 registriert. Nach dem bisher stärksten Beben vom 6. Februar wurden die meisten Beben mit einer Magnitude zwischen 1 und 2 registriert. Über den gezeigten Zeitraum gab es vier Beben mit einer Magnitude größer als 2, 90 mit einer Magnitude zwischen 1 und 2, 304 mit einer Magnitude zwischen 0 und 1 und 49 mit einer Magnitude zwischen -1 und 0 (Stand 18. Feb., 16:00 Uhr MEZ, Vollständigkeit der Daten: 18. Feb., 01:00 Uhr MEZ).

Erdbebenschwarm Wr. Neustadt Abb2
Abb. 2: Anzahl registrierter Erdbeben pro Tag und nach Magnitudenklasse eingefärbt (Stand 18. Feb., 16:00 Uhr MEZ, Vollständigkeit der Daten: 18. Feb., 01:00 Uhr MEZ).

Was ist der Grund für so viele Beben?

Es handelt sich hier um einen Erdbebenschwarm, wobei aufgrund der hohen Messnetzdichte extrem viele kleine Beben aufgezeichnet werden konnten. Als Erdbebenschwarm bezeichnet man eine Serie von Erdbeben, die sich in räumlicher und zeitlicher Nähe ereignen, wobei es kein klar erkennbares Hauptbeben gibt. Meist dauert ein Bebenschwarm nur kurz, er kann aber auch viele Tage (oder einige Wochen) anhalten. Die Entwicklung lässt sich jedoch nicht vorhersagen. Wir beobachten Bebenschwärme im wieder in Österreich, besonders dort, wo die Dichte des seismischen Messnetzes sehr hoch ist.

Durch den stetigen Ausbau des Messnetzes des Erdbebendienstes der ZAMG und der Möglichkeit, temporär installierte seismische Messstationen der Universität Wien und der Technischen Universität Wien zu nutzen, können Beben mit sehr geringer Magnitude dokumentiert werden. So wurde von der ZAMG im Lehrforst der BOKU (Universität für Bodenkultur) im Rosaliengebirge im Jahr 2016 eine Breitbandstation errichtet und die Strong-Motion Station im Rathaus von Wiener Neustadt (welche seit 1997 betrieben wird) konnte im Jahr 2018 neu instrumentiert werden. Im Zuge des 'Schools and Quakes' Projektes der ÖAW (Österreichische Akademie der Wissenschaften) errichteten die Schüler der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt Wiener Neustadt eine Messstation in den Fischauer Vorbergen. Die Daten dieser drei Standorte sind maßgebend für die Erfassung der kleinsten Beben dieses Erdbebenschwarms.

Registrierungen an den drei nächsten Stationen

Registrierung Erdbebenscharm Wr.Neustadt Abb3
Abb. 3: Registrierung der sieben gefühlten Erdbeben an den drei nächsten Stationen. Die angegebenen Herdzeiten sind in UTC (MEZ=UTC+1) und die Werte links entsprechen den Magnituden (ML).

Abbildung 3 zeigt die Ähnlichkeit der seismischen Registrierungen der sieben von der Bevölkerung gefühlten Erdbeben pro Erdbebenstation. Es sind hier die drei nächsten Station nebeneinander abgebildet, wobei die sieben Aufzeichnungen untereinander einer bestimmten Raum-Komponente (Vertikal, Ost oder Nord) eines Instruments entspricht.

Für den Standort in Wiener Neustadt wurde als größte Bodenbeschleunigung dieses Bebenschwarmes (Magnitude 2,4 am 6. Februar) ein Wert von 1,6 cm/s² als Raumvektor beobachtet. Das Erdbeben bei Neunkirchen vom 30. März 2021 mit einer Magnitude von 4,6 erreichte einen Wert von 12,5 cm/s². Die horizontale Referenzbodenbeschleunigung gemäß ÖNORM 1998-1 beträgt für den Standort Wiener Neustadt  113 cm/s² (Zone 4) . Die Werte gelten für gewöhnliche Bauwerke mit Bodenklasse A , bei einer Wahrscheinlichkeit von 90 % innerhalb von 50 Jahren Nutzung (Wiederkehrperiode von 475 Jahre) und können mit dem interaktiven Tool die Erdbeben-Bemessungswerte für bestimmte Standorte abgefragt werden.

 

 

Österreichischer Erdbebendienst der ZAMG
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
1190 Wien, Hohe Warte 38
Telefon: +43 1 360 26 2508

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