21.05.2012
Schweres Erdbeben in Norditalien am 20. Mai 2012
Starke Schäden im Epizentralbereich
Es ereignete sich um 04:02 Uhr MESZ und wurde in weiten Teilen Norditaliens heftig verspürt. Das Epizentrum lag in etwa 40 km nördlich von Bologna (44,90°N, 11,24°O). Die Magnitude betrug 6,1 nach Richter (Angaben von EMSC - European-Mediterranean Seismological Centre). Auf Grund der geringen Herdtiefe von etwa 10 km kam es im Epizentralbereich zu schweren Schäden. Nach offiziellen Angaben gab es mindestens 7 Todesopfer und etwa 50 Verletzte. Zahlreiche Gebäude, darunter auch historische Bauwerke, wurden schwer beschädigt oder stürzten ein. Es gibt tausende Obdachlose.
Das Erdbeben wurde von allen Stationen des Österreichischen Erdbebendienstes deutlich registriert.
Registrierung des starken Erdbebens nördlich von Bologna vom 20. Mai 2012 um 02:03 Uhr Weltzeit (04:02 Uhr MESZ) an den Stationen ABTA (Osttirol), FETA (Tirol) und MYKA (Kärnten) des Österreichischen Erdbebendienstes. In den Seismogrammen sind die Oberflächenwellen an den langen Perioden deutlich zu erkennen. © ZAMG Geophysik
Auch in Österreich deutlich verspürt
Das Erdbeben wurde in weiten Teilen Österreichs verspürt, mehr als 860 Meldungen aus allen Bundesländern sind beim Österreichischen Erdbebendienst via online-Formular (www.zamg.ac.at/bebenmeldung) eingetroffen. Zahlreiche Menschen sind durch die Erschütterungen erwacht. Häufig wurde von schwankenden Gebäuden und Gläserklirren berichtet. Folgende Karte zeigt alle Orte, aus denen Wahrnehmungsberichte eingetroffen sind.
Darstellung der Orte, aus denen Wahrnehmungsberichte via online-Formular (www.zamg.ac.at/bebenmeldung) eingegangen sind. © ZAMG Geophysik
Starke Nachbebentätigkeit
Auch 24 Stunden nach dem Hauptbeben hält die Nachbebentätigkeit noch an. Das stärkste Nachbeben ereignete sich am 20. Mai um 15:18 Uhr MESZ mit einer Magnitude von 5,2 nach Richter und verursachte weitere Gebäudeschäden. Mehr als 140 Nachbeben wurden vom seismischen Stationsnetz des Österreichischen Erdbebendienstes automatisch detektiert, die Zahl der tatsächlich registrierten Ereignisse liegt aber noch weit darüber. In folgender Abbildung ist die Bodenbewegung der Station ABTA bei Sillian in Osttirol dargestellt.
Seismogramm der Station ABTA (Osttirol) des Österreichischen Erdbebendienstes für den Zeitraum von 24 Stunden. Dem Hauptbeben der Magnitude 6,1 folgten hunderte Nachbeben. © ZAMG Geophysik
Die Afrikanische Platte driftet nach Norden
Das tektonische Spannungsfeld Südeuropas ist bestimmt durch das Nordwärtsdriften der Afrikanischen Platte und ihr Zusammenstoßen mit dem europäischen Kontinent.
Die tektonische Ursache für Erdbeben in dieser Region Italiens liegt im Abtauchen der Adriatischen Platte unter die Tyrrhenische Platte, die ein Teil der großen Eurasischen Platte ist. Das Erdbeben ist die direkte Folge eines plötzlichen Spannungsabfalls entlang einer tektonischen Störungszone, die etwa südlich der Po-Ebene verläuft. Herdflächenlösungen haben gezeigt, dass es sich um eine Aufschiebung gehandelt hat. Geschwindigkeitsmessungen mit GPS haben ergeben, dass sich dieser Teil Italiens mit einer Geschwindigkeit von bis zu 5 mm pro Jahr nach Norden bewegt (Devoti et al., Earth and Planetary Science Letters 311, 2011, 230 – 241).
Frühere Schadensbeben
Die Region nördlich von Bologna war bisher selten von starken Erdbeben betroffen. Im Jahr 1570 ereignete sich ein großes Erdbeben bei Ferrara mit beträchtlichen Schäden. Auch aus dem Jahr 1639 ist ein starkes Erdbeben bekannt.
In den letzten Jahren gab es einige starke Erdbeben in Italien. Am 6. April 2009 ereignete sich in L’Aquila in der Region Abruzzen ein Erdbeben der Stärke 6,3 nach Richter. Damals kamen mehr als 300 Menschen ums Leben. Am 31. Oktober 2002 gab es bei einem starken Erdbeben in der Region Molise 29 Tote durch den Einsturz eines Schulgebäudes und zahlreiche Obdachlose. Auch das Erdbeben vom 26. September 1997 in Assisi-Perugia, bei dem zahlreiche Kunstdenkmäler beschädigt wurden und 10 Menschen starben, ist noch vielen in Erinnerung.
Verfasser: Mag. Rita Meurers, Dipl.-Ing. Helmut Hausmann