26.12.2014
Vor 10 Jahren: Das Sumatra-Andamanen Erdbeben
Zahlen und Fakten
Datum: Sonntag, 26. Dezember 2004
Uhrzeit: 00:58 Weltzeit (UTC); 07:58 Uhr Lokalzeit
Epizentrum: 3,32°N 95,85°O; 250 km vor Banda Aceh, Indonesien
Herdtiefe: 30 km
Magnitude: 9,1
Wellenhöhe des Tsunami: 10 m (bis zu 30 m in engen Buchten)
Bruchlänge: etwa 1200 km
Vertikale Versetzung des Ozeanbodens: 10 m und mehr
Anzahl der Todesopfer: 230.000
Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2004 erschütterte eine der schlimmsten Naturkatastrophen der Menschheitsgeschichte den Indischen Ozean: Ein Seebeben der Magnitude 9,1 und sein nachfolgender Tsunami verursachten knapp eine Viertel Million Todesopfer und Verwüstungen ganzer Küstenstreifen auf Sumatra, in Sri Lanka, Indien sowie in zahlreichen weiteren Staaten Südasiens und Ostafrikas. 2240 Urlauber (unter ihnen 86 ÖsterreicherInnen) verloren ihr Leben. Der Tsunami hinterließ unvorstellbares Leid und bittere Not. Eine weltweite Welle humanitärer Hilfsbereitschaft lief an.
Plattentektonik extrem!
Sumatra und die vorgelagerte Inselgruppe der Andamanen liegen an einer Plattengrenze im Bereich einer Subduktionszone. Der Druck im Untergrund hatte sich bereits über viele Jahrzehnte aufgebaut, während sich die ozeanische Indisch-Australische Platte mit einer Geschwindigkeit von 7 cm pro Jahr unter die kontinentale Eurasische Platte schob.
Diese Bewegungsrate scheint nicht viel zu sein, kommt sie doch dem Wachstum unserer Nägel etwa gleich. Betrachtet man aber einen Zeitraum von 100 Jahren, so würde die Überschiebung bereits sieben Meter betragen – wenn sich nicht die beiden Platten ineinander verhaken würden. So wird die Bewegung gestoppt, aber die Kontinente schieben kontinuierlich weiter. Folglich baut sich an den blockierten Stellen im Laufe der Jahre eine enorme Spannung auf – bis der Untergrund reißt und die verhinderte Bewegung nachgeholt wird. Die Entladung erfolgt schlagartig – in Form eines Erdbebens.
Beim Sumatra-Andamanen Megabeben, dem drittstärksten jemals aufgezeichneten Beben, riss die Bruchzone auf einer Länge von etwa 1200 km auf (zum Längenvergleich siehe Karte unten). Dies war die größte Bruchlänge, die jemals beobachtet wurde. Es dauerte etwa 10 Minuten, bis die Erdkruste auf der ganzen Länge durchgebrochen war.
Eine gigantische Meereswoge türmte sich auf
Der Meeresboden hatte sich durch das Erdbeben um bis zu 10 Meter ruckartig nach oben bewegt. Dadurch wurden die darüberliegenden Wassermassen plötzlich angehoben.
Der Tsunami breitete sich zunächst nur mit geringer Wellenhöhe (etwa 1 m), aber mit hoher Geschwindigkeit (etwa 800 km/h) in alle Richtungen aus. Erst im seichten Wasser in Küstennähe wurde er zur tödlichen Gefahr: Die Welle wurde von der Geschwindigkeit eines Flugzeugs auf die Geschwindigkeit eines langsam fahrenden Autos (etwa 35 km/h) abgebremst – und türmte sich dabei zu gigantischen Wogen auf.
In vielen Gebieten erreichte zuerst ein Wellental die Küste, das Wasser wurde mit einem ungeheuren Sog ins Meer hinaus gezogen. Dadurch wurde der Meeresboden oft über große Flächen trockengelegt. Nach einigen Minuten folgte der erste langgezogene Wellenberg. Diesen darf man sich nicht wie eine durch Wind verursachte Welle vorstellen, die eine typische Wellenlänge von rund 150 Metern und eine Periode von zehn Sekunden hat. Das Besondere am Tsunami ist seine große Wellenlänge (etwa 100 km) und die lange Periode (mehrere Minuten bis Stunden). Die Welle nähert sich so, als ob das Meeresniveau wie eine Wand um Meter nach oben versetzt wäre und schiebt minutenlang Wassermassen ins Land.
Gefährlich sind dabei aber nicht nur die Wellenberge, sondern auch die Wellentäler, da ihr Sog Menschen und Gebäudetrümmer kilometerweit ins Meer hinausziehen kann. Beim Sumatra-Erdbeben drangen zwei bis sechs Flutwellen mit teils steigender Wellenhöhe unter großer Zerstörungswirkung ins Landesinnere vor.
In Banda Aceh erreichte der Tsunami eine Höhe von etwa 10 Metern. In engen Buchten wurden stellenweise sogar bis zu 30 Meter hohe Wellen beobachtet. In Afrika erreichte ein Tsunami mit noch 1,5 Metern Wellenhöhe die Küste und forderte auch dort Todesopfer.
Ein Tsunami-Warnsystem überwacht den Indischen Ozean
Der Tsunami vom Dezember 2004 hatte auch deshalb so verheerende Folgen, weil er die Menschen völlig unvorbereitet traf. Viele wussten damals nicht, was ein Tsunami sei. Die tödliche Bedrohung wurde als fotogenes Naturspektakel verkannt. Auch wenn mit der Gefahr eines Tsunami bei einem seichten Seebeben dieser Stärke zu rechnen war, existierte damals keine Infrastruktur, um die Warnung gezielt in die betroffenen Regionen am Indischen Ozean weiterzuleiten.
Bis heute besteht keine zuverlässige Methode Erdbeben vorherzusagen. Doch bis die bei einem Seebeben weit vor der Küste ausgelösten Wellen an Land kommen, bleibt etwas Zeit. Als Folge des Katastrophenbebens von 2004 gibt es seit dem Jahr 2008 im Indischen Ozean ein Frühwarnsystem. Es wurde von Forschern des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) entwickelt und bestehet aus Seismometern, GPS-Stationen, Hochseebojen, Wasserstandspegeln und Satelliten-Überwachung. Diese 300 Messstationen zeigen an, ob sich Wellen aufbauen, wie schnell sie sich ausbreiten, wo sie auftreffen und wie hoch sie vermutlich sein werden.
Insbesondere wenn das Epizentrum nahe der Küste liegt, können Todesopfer auch durch ein Frühwarnsystem nicht gänzlich vermieden werden. Trotzdem ist es möglich, durch eine schnelle Alarmierung der Bevölkerung die katastrophalen Auswirkungen zu verringern und Menschenleben zu retten.
Die geophysikalischen Folgen des Megabebens
Von Wissenschaftlern der NASA wurde berechnet, dass sich die Erdrotation durch die veränderte Lage der tektonischen Platten nach dem Beben verändert hat. Die Länge eines Tages ist um 3 Mikrosekunden (3 millionstel Sekunden) kürzer geworden. Außerdem hat sich auch die Erdachse bei dem Beben durch die Massenumverteilung um rund zweieinhalb Zentimeter verlagert, was aber keine negativen Auswirkungen hatte.
Infolge der Verschiebung der tektonischen Platten und der damit verbundenen Landabsenkung sind 15 kleine Inseln der Andamanen und Nikobaren unter dem Meeresspiegel verschwunden. Bemerkenswert war auch die Verschiebung der dem Epizentrum am nächsten gelegenen Insel Simeuluel, die um etwa 15 Meter nach Südwesten versetzt wurde.