26.07.2013
Vor 50 Jahren: Das Skopje-Erdbeben in Mazedonien
Am 26. Juli 1963 um 05:17 Uhr Ortszeit (04:17 Uhr Weltzeit) erschütterte ein Erdbeben der Magnitude 6,0 die Region um Skopje der Republik Mazedonien, die eine Teilrepublik des kommunistischen Jugoslawiens darstellte. Das Epizentrum (42,1°N, 21,4°E) befand sich in der unmittelbaren Umgebung der Hauptstadt Skopje, die damals als drittgrößte Stadt Jugoslawiens etwa 312.000 Einwohner zählte. Die Herdtiefe wurde mit etwa 6 km bestimmt.
Lage des Epizentrums des Erdbebens vom 26.7.1963 bei Skopje (Bildquelle:http://en.wikipedia.org/wiki/1963_Skopje_earthquake)
1070 Personen kamen bei dem verheerenden Erdbeben ums Leben, weitere 3.300 wurden verletzt. Nahezu die ganze Altstadt wurde dem Erdboden gleich gemacht. Auch öffentliche Gebäude, Schulen und Spitäler erlitten schwere Schäden. Etwa 75 % der Bevölkerung verlor binnen Sekunden ihre Unterkunft. Nur 20% der Gebäude blieben frei von starken Schäden. Die Intensität betrug im Epizentrum 9 Grad auf der zwölfstufigen Makroseismischen Skala (entsprechend EMS-98).
Verwüstungen in Skopje (Bildquelle: http://www.kapital.mk/mk/foto_na_denot/71725/
skopje-_na_deneshen_den_pred_48_godini.aspx)
In einem Bereich von 180.000 km2 konnten die Erschütterungen in ganz Mazedonien sowie in den angrenzenden Nachbarländern verspürt werden. Insgesamt entstand ein Sachschaden von über einer Milliarde US-Dollar. Mit internationaler Hilfe wurde Skopje in den darauf folgenden Jahren wiederaufgebaut;
Obwohl das Gebiet seit der Antike für seine zerstörerischen Erdbeben bekannt war (siehe Erdbebengeschichte), wurde darauf in der Stadtplanung nicht Rücksicht genommen. Erst im Jahr 1950 wurde eine erste seismische Zonenkarte erstellt, die jedoch erst nach den Erfahrungen in Skopje 1963 im Jahre 1964 geltend gemacht wurde.
Bericht eines Augenzeugen:
„Der Tag vor dem Erdbeben war ein ganz gewöhnlicher Tag: Schule, Kinderspiele und Abendessen mit meinen Eltern. Ich war acht Jahre alt. Meine Eltern gingen früh zur Arbeit. Das Erdbeben weckte mich auf. Als ich an meine Schwester dachte, lief ich schnell wieder die Treppen hoch. Meine einjährige Schwester war noch zu Hause. Ich rannte zurück, nahm sie und lief vor das Gebäude. Alle Nachbarn waren da. Sie trugen Pyjamas oder nur Unterhosen. Das Bild war schrecklich. Das Gebäude, in dem ich gewohnt hatte, war nicht mehr da. Es waren nur Reste. Man hörte Leute schreien, weinen und nach Namen rufen. Man hörte viele Namen. Ich habe meine Mutter verloren. Sie war eine von den 1000 Menschen, die ihr Leben verloren haben.“
Miodrag Hadži-Ristič und Dragoljub Jankovič. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Skopje)
Seismogramm / Hohe Warte in Wien
Das Skopje-Erdbeben wurde auch an den beiden Seismographen auf der Hohen Warte in Wien registriert. Das Foto zeigt den Wiechert-Seismographen mit einer Schwingmasse von einer Tonne, der von 1907 bis 1977 im Einsatz war. Bei diesen historischen Geräten wurden Seismogramme mittels Linienschreibern aufgezeichnet, die den Messwerteverlauf kontinuierlich als Funktion der Zeit auf eine Papierrolle niederschrieben. Eine Registriernadel kratzte dabei den Ausschlag des Pendels auf die berußte Papieroberfläche, die unter der Nadel kontinuierlich fortbewegt wurde.
Der Wiechert’sche Horizontalseismograf in den Kellerräumen der ZAMG mit dem Seismologen Dr. Edmund Fiegweil , Wien
Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt des Seismogrammstreifens, auf dem das Skopje-Erdbeben mit dem Wiechert’schen Horizontalseismografen auf der Hohen warte in Wien / ZAMG aufgezeichnet wurde. Die Beschriftung „519 “ bezieht sich auf die Ortzeit des Ersteinsatzes in Wien.
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Tektonik und Erdbebengeschichte:
Mazedonien liegt in einer seismisch äußerst aktiven Region zwischen der Eurasischen und der Afrikanischen Platte, der die Apulische Mikroplatte vorgelagert ist. Durch die andauernde Bewegung kommt es in angrenzenden Regionen immer wieder zu starker Bebentätigkeit.
Skopje liegt im Bereich eines tektonischen Grabens, der sogenannten Morava-Vardar-Furche, in einer geologischen Übergangszone zwischen den Gebirgen der Dinariden im Nordwesten und der Rhodopen im Osten. Zahlreiche tektonische Störungen und die anhaltende seismische Aktivität prägen dieses Gebiet und sind verantwortlich für die schweren Erdbeben im Laufe der Geschichte, die Skopje heimsuchten. Im Jahre 518 zerstörte das wahrscheinlich stärkste Beben der Geschichte die gesamte Stadt (damals Scupi genannt). Es wurde von Bodenrissen über eine Länge von 45 km und einer Breite von vier Metern berichtet. Der oströmische Kaiser Justinian I ließ die Stadt wiederaufbauen. Ein Erdbeben im Jahre 1555 zerstörte abermals Teile der Stadt.
Tektonische Verhältinisse in Südeuropa (Bildquelle: http://earth.unibas.ch/tecto/query_main.htm?Members/Antic/Research)
Literaturverweis:
Jakim T. Petrovski: Damaging Effects of July 26, 1963 Skopje Earthquake. Institute of Earthquake Engineering and Engineering Seismology, University "Cyril and Methodius", Skopje, Republic of Macedonia.