Zukunft

Möglichen Zukunftsszenarien zufolge wird es den Großteil der öster-reichischen Gletscher am Ende des Jahrhunderts nicht mehr geben.

Wie lange gibt es noch Alpengletscher?

Die kleinen und mittleren Gletscher werden bis zum Ende des 21. Jahrhunderts verschwunden sein, die großen, in stark verkleinerter Form, das 22. Jahrhundert noch erleben. Die österreichischen Gletscher werden aufgrund der geringeren Gipfelhöhen früher abschmelzen als die im Mittel höhergelegenen Gletscher der Westalpen.

Wie sich die Alpengletscher in Zukunft verhalten werden, hängt einerseits davon ab, wie dick ihr Eis ist, inwieweit sie mit dem momentanen Klima schon im Gleichgewicht stehen und wie sich die treibenden meteorologischen Faktoren wie Strahlung, Lufttemperatur , Niederschlag und Wind über längere Zeit verändern werden. Im jetzigen Treibhauszeitalter ist das vor allem eine Funktion der Entwicklung der Menschheit, ihrer Wirtschaftstätigkeit und ihrer Lebensweise.

Bis zum Ende des Jahrhunderts gehen rund 91 % der Gletscherfläche verloren

Bis Mitte des 21. Jahrhunderts wird sich das Volumen im Vergleich zum Jahr 2017 um die Hälfte reduzieren bei einem Flächenverlust von ca. 45 %. Diese Entwicklung ist nahezu unabhängig von verschiedenen Klimaszenarien, da die Szenarien bis 2050 eine ähnliche Temperaturentwicklung aufweisen Zudem hinken die Gletscher dem aktuellen Klima deutlich hinterher, dh die Gletscher sind zurzeit noch „zu groß“ für das vorherrschende Klima. Erst ab Mitte des 21. Jahrhunderts nehmen die Temperaturunterschiede zwischen den einzelnen Szenarien zu. Bis Ende des Jahrhunderts zeigen die verschiedenen Simulation die unterschiedlichen Auswirkungen der Entwicklungspfade. So zeigt das RCP2.6 Szenario bis 2100 ein Volumenverlust von ca. 63 % und eine Flächenabnahme von ca. 62 %. Im Vergleich dazu verringert sich das Volumen im Szenario RCP4.5 um knapp 79 % im Vergleich zum Jahr 2017. Die Fläche reduziert sich dabei um ca. 75 %. Nahezu eisfreie Alpen bis Ende des Jahrhunderts zeichnet das RCP8.5. Die Alpengletscher würden ca. 94 % ihres Volumens verlieren und die Gletscherfläche würde sich um ca. 91 % verringern.

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Abb. 1: Diagramm der künftigen Entwicklung des Volumens (a) und der Fläche (b) der Alpengletscher. Die schwarze Linie zeigt den Verlust an Fläche und Volumen, wenn die zukünftige Entwicklung der Gletscher dem klimatologischen Mittelwert aus den Jahren 1988-2017 entsprechen würde. Die dünnen Linien zeigen die glaziale Entwicklung für 51 EURO-CORDEX RCM Simulationen. Die drei dickeren Linien zeigen den RCP Mittelwert inklusive der einfachen Standardabweichung (transparente Bänder). Die vertikale strichlierte Linie zeigt das Jahr 2017, ab dem Zeitpunkt wird das glaziale Modell mit EURO-CORDEX Daten angetrieben (Zekollari, Huss, & Farinotti, 2019).

In Österreich schwinden die Gletscher noch stärker

Vergleicht man die einzelnen Alpenländer, so erweisen sich die Schweizer Gletscher als am stabilsten, gefolgt von den italienischen, französischen, österreichischen und den deutschen. Österreich steigt, durch die im Schnitt geringeren Gipfelhöhen gegenüber den Westalpen, wesentlich ungünstiger aus. Alpine Eisriesen wie der Aletschgletscher, der Rhonegletscher, die beiden Grindelwaldgletscher, Mer de Glace, Glacier des Bossons, Gepatsch- und Hintereisferner, die Sulzbachkeese und die Pasterze werden zu Beginn des 22. Jahrhundert noch vorhanden sein – wenn auch in stark verkleinerter Form.

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Abb. 2: Links: Karte der potenziell verbleibenden aktiven Nährgebiete der Pasterze nach unterschiedlich starken Temperaturzunahmen von +1 bis +5° C gegenüber dem Mittel 1971–90 (Zemp 2006, bearb.). Rechts: Abschätzung des Rückgangs der vergletscherten Fläche des Goldbergkeeses von 2003 bis 2020 bzw. 2050 auf der Basis der Massenbilanzen 1992–98, der Eisdickenkarte 2003 und unter der Annahme einer vernachlässigbaren Fließgeschwindigkeit. Das Szenario beinhaltet einen weiteren linearen Temperaturanstieg bis zu Verhältnissen, die um das Jahr 2100 im Mittel denen des Sommers 2003 entsprechen, für den es eine gemessene Massenbilanz gibt. Der Niederschlag wurde nicht verändert (Böhm u.a. 2007).

Nur von den heute größten Gletschern bleiben Reste

Für Österreich bedeutet das ein vergleichsweise langes Leben für die großen Talgletscher im Vergleich zu den mittelgroßen bis kleinen Gebirgsgletschern. Mögliche Zukunftsszenarien, berechnet mit unterschiedlichen Methoden für einzelne große und kleine Gletscher, zeigt Abbildung 2 für Pasterze und Goldbergkees und Abbildung 3 für Fernauferner und Gepatschferner.

Der Schmelzabfluss der Gletscher wird in den kommenden Jahren, aufgrund stärkerer Schmelze (zurückzuführen auf die steigenden Temperaturen), weiter zunehmen, dann aber ab einem gewissen Zeitpunkt, aufgrund der steten Verkleinerung der noch vorhandenen Eisfläche, wieder abnehmen. Berechnungen zeigen, dass dieser Zeitpunkt für die kleinen bis mittelgroßen Gletscher in etwa 40 bis 60 Jahren, für die großen in etwa 70 bis 90 Jahren erreicht sein könnte.

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Abb. 3: Abschätzung der zukünftigen Gletscherausdehnung auf Basis der Eisdickenkarte 2006, der Höhenänderung 1997–2006 und einer Empfindlichkeit der Massenbilanz in Abhängigkeit der Temperatur für den Gepatschferner (Fläche 2006: 16,6 km²) und den Fernauferner (Fläche 2006: 1,5 km²). Der Niederschlag wurde nicht verändert. Das Jahr 2050 entspricht ungefähr den Szenarien +1 bis +2° C, das Jahr 2100 den Szenarien +3 bis +4° C gegenüber 2006 (Olefs u.a. 2009).

 

Literatur:

Binder D., Brückl E., Roch K.H., Behm M., Schöner W., Hynek B. (2009): Determination of total ice volume and ice-thickness distribution of two glaciers in the Hohe Tauern region, Eastern Alps, from GPR data. Annals of Glaciology 50/51, 71–79, doi:10.3189/172756409789097522

Böhm R., Schöner W., Auer I., Hynek B., Kroisleitner C., Weyss G. (2007): Gletscher im Klimawandel. Vom Eis der Polargebiete zum Goldbergkees in den Hohen Tauern. Wien: Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, 111 Seiten, ISBN 987-3200010130

Olefs M., Kuhn M., Fischer A. (2009): The effect of climate change on the runoff behaviour of glacierised Alpine catchments with regard to reservoir power stations. Geophysical Research Abstracts 11. In: EGU Gerneral Assembly 2009, Wien, Österreich, 19.–24.4.2009

Zekollari, H., Huss, M., & Farinotti, D. (2019). Modelling the future evolution of glaciers in the European Alps under the EURO-CORDEX RCM ensemble. The Cryosphere, 13(4), 1125–1146. doi.org/10.5194/tc-13-1125-2019

Zemp M. (2006): Glaciers and climate change. Spatiotemporal analysis of glacier fluctuations in the European Alps after 1850. Zürich: Universität Zürich, 67 Seiten (= Schriftenreihe Physische Geographie, Glaziologie und Geomorphodynamik 49) (Website)

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