Tourismus

Der Wintertourismus ist von der Abnahme der Schneedecke bedroht, dagegen eröffnen sich neue Chancen für die Sommersaison.

Bedrohung oder Chance?

Die österreichische Wirtschaft ist stark tourismusabhängig. Hochsaison für den Tourismus sind der Kernwinter (Jänner und Februar) sowie der Hochsommer (Juli und August). Ein Temperaturanstieg ist für alle Jahreszeiten zu erwarten. Direkte Auswirkungen auf die Tourismusbranche in den Zielgebieten Österreichs sind beispielsweise weniger Schnee in den Schigebieten, höhere Wassertemperaturen der österreichischen Badeseen, Gefährdung alpiner Wanderwege durch Auftauen des Permafrostes und Hangrutschungen.

Studien, die die Auswirkung des Klimawandels auf den Tourismus untersuchen, müssen Klimafolgen in den Zielgebieten (wo Touristen hinfahren) aber auch die Klimaänderung in den Quellgebieten (von wo Touristen kommen) berücksichtigen. In den Quellgebieten könnten veränderte klimatische Voraussetzungen zur Wahl neuer Zielgebiete führen. So ist es vorstellbar, dass vermehrte sommerliche Hitze in südlichen Ballungszentren den Wunsch für einen Urlaub in einem erfrischend kühlen Alpental aufkommen lässt. Ebenso könnte die zunehmende Wärme in Österreich, das Verlangen nach noch mehr Hitze und Sonne im Süden Europas versiegen lassen. Neben dieser Betroffenheit ist der Tourismus ins Besondere durch den An- und Abreiseverkehr auch Mitverursacher des menschengemachten Klimawandels, da klimaschonende Anreiseoptionen derzeit noch nicht allerorts in ausreichendem Umfang bestehen. Die bisher umfassendste wissenschaftliche Auseinandersetzung, Zusammenfassung und Bewertung der Zusammenhänge zwischen Tourismus und Klimawandel in Österreich wurde im Rahmen des APCC Special Reports Tourismus und Klimawandel (ASR19) durchgeführt. Bezogen auf die Vielzahl der Aktivitäten müssen die potenziellen Folgen des Klimawandels auf den Tourismus differenziert betrachtet werden, da große Unterschiede bestehen.

Schnee wird rar

Der wohl wichtigste Parameter für den Winterfremdenverkehr ist Schnee, der in engem Zusammenhang mit der Lufttemperatur steht. Der Temperaturanstieg hat allerdings in den verschiedenen Höhenstufen eine unterschiedliche Reaktion ausgelöst. Noch gibt es in der Dreitausenderregion ausreichend Schnee, dort fallen nahezu 100 % des Gesamtniederschlages als Schnee. Im Tal hingegen sind schon drastische Rückgänge zu beobachten und die Variabilität von Jahr zu Jahr ist beträchtlich – auf den schneereichen Winter 2005/2006 folgte der extrem schneearme Winter 2006/2007. Bei weiterem Temperaturanstieg wird sich der Schneeanteil am Gesamtniederschlag weiter verringern und bereits liegender Schnee schneller schmelzen. Gletscherschigebiete sind unter dem Aspekt Ganzjahresschilauf zu betrachten. Sie reagieren besonders im Sommer sensibel auf höhere Temperaturen. Das Ausbleiben sommerlicher Schneefälle schränkt nicht nur den Schibetrieb ein, es schadet den Gletschern insgesamt. Wie Abbildung 1 zeigt, ist bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in Abhängigkeit der weiteren globalen Treibhausgasemissionen mit einem Rückgang der saisonalen natürlichen Schneebedeckung in allen Höhenlagen zu rechnen. Ganz besonders drastisch ist diese erwartete Abnahme mit 20% bis 80% in Höhenlagen unterhalb von ca. 1500 m Seehöhe in Szenarien ohne intensive globale Klimaschutzmaßnahmen. Das bedeutet ein weiteres Fortschreiten der ohnehin bereits beobachteten Abnahme der Naturschneedecke unterhalb von 1500 m Seehöhe (höhenabhängig 10 % bis 60 % im Zeitraum 1961/21–2019/20). Auch die atmosphärischen Bedingungen für die technische Schneeproduktion verschlechtern sich mit dem Temperaturanstieg. So ist selbst im Kernbereich des Wintersports (1500–2500 m Seehöhe) mit einer Abnahme von 10 % bis 40 % (Erreichung Pariser Klimaziele bzw. ungebremste Emissionen) zu rechnen. Dies verschärft den ohnehin steigenden Wettbewerbsdruck für viele Skigebiete. Skifahren wird in Österreich bei entsprechender technischer Beschneiung auch weiterhin möglich sein, jedoch ist mit einer Konzentration der Nachfrage auf Gunstlagen sowie steigenden Kosten zu rechnen.

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Abb. 1: Änderung der Zahl der Tage mit natürlicher Schneedecke (Schneehöhe > 1 cm) je nach Höhenlage und Klimaszenario bis ins Jahr 2100 (Zeitraum 2071-2100 vs. 1991-2020) in Österreich. RCP8.5 bezeichnet das Szenario ohne Klimaschutz, RCP4.5 das Szenario mit mäßigem Klimaschutz und RCP2.6 das sogenannte Paris-Ziel (intensive globale Klimaschutzmaßnahmen) mit einer globalen Erwärmung unter 2 Grad (ACRP Projekt FuSE-AT).

 

Auch ohne Schibetrieb zählen die Gletscher zu den touristischen Attraktionen Österreichs. Da jedoch in den vergletscherten Höhenlagen die Schneebedeckung in Zukunft ebenfalls um bis zu 25 % abnimmt, wird gegen Ende des 21. Jahrhunderts nur noch wenig vom einstigen ewigen Eis zu sehen sein.

Sommerfrische, Saisonverlängerung und Höhenabhängigkeiten

Positive Chancen gegenüber den Ebenen und städtischen Regionen Europas sehen Studien für den alpinen Sommertourismus mit klimatischen Vorteilen. Lagen über 1200 m bleiben in Österreich frei von Hitzestress. Abbildung 2 zeigt die mittlere Häufigkeit von Hitzetagen im Zeitraum 1991–2020 und die Zunahme bis 2050 nach drei ausgewählten Szenarien von Temperaturzunahmen. Die Zunahme der Hitzetage breitet sich ausgehend von den Flachlandregionen in Richtung größere Seehöhen aus und sorgt dort für eine steigende Hitzebelastung bei allen Aktivitäten in der freien Landschaft. Eine massive Betroffenheit ergibt sich für die städtischen Destinationen. Selbst im ungünstigsten anzunehmenden Fall bleiben die zentralalpinen Höhenlagen aber als kühlere Refugien bestehen.

Badeurlauber werden sich zukünftig an höheren Wassertemperaturen und einer verlängerten Badesaison erfreuen können, da die Wassertemperaturen eng an den Verlauf der Lufttemperatur gekoppelt sind. Daneben kann es aber auch zu erhöhten Gesundheitsrisiken beim Baden, z.B. durch Algenbildung oder Zerkarien kommen.

Gerechnet wird höhenlagenabhängig auch mit einer stärkeren Verbreitung von Zecken, Mücken, invasiven Arten oder allergenen Pflanzen (z,B, Ambrosia). In den Übergangsjahreszeiten kommt es zudem zu positiven Effekten und einer Saisonverlängerung für Aktivitäten wie Wandern, Radfahren und Golf.  

Im Hinblick auf das Landschaftsbild können neben den hochalpinen Änderungen durch die Folgen von Extremereignissen, durch Nutzungsintensivierungen bei verbesserten landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen, aber auch umgekehrt durch Nutzungsaufgabe oder Klimawandelanpassungen Auswirkungen entstehen.

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Abb. 2: Mittlere Häufigkeit von Hitzetagen (mittlere Zahl der Tage mit einem Temperaturmaximum von mindestens 30° C) für den Zeitraum 1991–2020 (Beobachtet; oben links) und vergleichend die Änderungen dazu aus Zukunftsprojektionen für die Situation um 2050 (2036-2065) für die globale Erreichung des 2-Grad Ziels (RCP2.6; oben rechts), mäßige globale Klimaschutzbemühungen (RCP4.5; unten links) sowie bei ungebremsten Treibhausgasemissionen (RCP8.5; unten rechts) (ZAMG/ÖKS15).

Hochalpine Gefahren und kleinräumige Extremwetterereignisse

Das Auftauen von Permafrost im Hochgebirge und die damit verbundenen Gefahren für Mensch und Infrastruktur (Wege, Steige und Kletterrouten, Schutzhütten, Seilbahnstationen) sind ebenfalls für den Sommertourismus relevant. Aufgrund einer labileren Schichtung der Atmosphäre und einem höheren Wasserdampfgehalt im Zuge der menschengemachten Erwärmung, nehmen zudem kleinräumige Extremwetterereignisse (Gewitter, Hagel, Starkregen, Sturmböen, Überflutungen, Hangrutschungen und Murenabgänge) im Sommerhalbjahr an Häufigkeit und Intensität weiter zu. Diese verursachen neben der Gefährdung von Menschen zunehmende Kosten für die Reparatur von Bausubstanz und Infrastruktureinrichtungen, führen zu einer Beeinträchtigung oder Einstellung von Verkehrsmitteln und zum Sperren von Straßenverkehrsverbindungen, Wander- oder Skigebieten. Als Folge ist mit Nächtigungseinbußen bzw. negativen Auswirkungen auf die Buchungslage zu rechnen. Schäden an den Verkehrsinfrastrukturen können auch zu Behinderungen bei der An- und Abreise führen.  

Das Ausmaß dieser Klimagefahren in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts hängt wesentlich von der weiteren globalen Entwicklung der Treibhausgasemissionen ab, also von klimapolitischen Entscheidungen der kommenden Jahre bis wenigen Jahrzehnten.

Potential und Limitierungen von Anpassungsmaßnahmen

Anpassungsmöglichkeiten sind in vielen Bereichen grundsätzlich möglich (z.B. Bewässerung von Golfplätzen, Schutzmaßnahmen im Gebirge, stadtplanerische Maßnahmen zur Reduktion von Hitzeinseln). Diese sind jedoch kostenintensiv und beeinflussen teilweise das Urlaubserlebnis. Eine verstärkte Nutzung medialer Frühwarnsystem (bezogen auf z.B. Hitze, Gewitter und Starkregen) basierend auf bereits vorhandenen und bewährten Warnungen von z.B. nationalen Wetterdiensten wäre wichtig um kurzfristige Maßnahmen der Betriebe und Gäste zu ermöglichen.

Auch wenn die Attraktivität des Sommers insbesondere im Berggebiet steigt, so muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Sommertourismus mögliche Verluste aus dem Winter nicht kompensieren kann. Um die Klimaziele, die in Paris vereinbart wurden, erreichen zu können, ist ein veränderter Lebensstil erforderlich. Das Ziel „Paris-Lifestyle“ wäre dann erreicht, wenn ein Urlaub in Österreich zu einem Vorzeige-Urlaub würde, der durch Erlebnisreichtum einerseits und durch Vermeidungs- und Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen andererseits beeindruckt. Urlaub in Österreich könnte dann auch dazu einladen, diesen erlebten „Lifestyle“ mit nach Hause zu nehmen und damit auch den Alltag der Gäste über den Urlaub hinaus positiv zu beeinflussen.

 

Literatur:

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Matzarakis A., Endler C., Neumcke R., Koch E., Rudel E. (2006): Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotenzial. Wien, Freiburg: Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Meteorologisches Institut der Universität Freiburg, 53 Seiten.

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Pröbstl-Haider, U., Hödl, C., Ginner, K., Borgwardt, F. (2021): Climate change: impacts on outdoor activities in the summer and shoulder seasons. J. Outdoor Recreat. Tourism 34, 100344.

Psenner R., Lackner R. (2006): Die Alpen im Jahr 2020. Innsbruck: Innsbruck University Press, 121 Seiten (= Alpine space – man & environment 1), ISBN 978-3-902571-01-4

Steiger, R., Damm, A., Prettenthaler, F., & Pröbstl-Haider, U. (2020): Climate change and winter outdoor activities in Austria. Journal of Outdoor Recreation and Tourism, 100330. https://doi.org/10.1016/j.jort.2020.100330

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