Schwächen

Häufig werden Klimamodelle in ihrer Aussagekraft überschätzt. Das Wissen um Schwachstellen schützt vor Fehlinterpretationen.

Vorsicht bei Extremwerten

Da die meisten globalen Klimamodelle eine relativ grobe Auflösung sowie mitunter auch systematische Fehler (Bias) aufweisen, werden vor allem extreme Ereignisse nicht oder nur unzureichend abgebildet. Dies gilt insbesondere für die Stärke, Häufigkeit und räumliche Verteilung von extremen Niederschlags- und Sturmereignissen.

Beim Niederschlag sind regional teilweise sehr große Abweichungen zwischen Klimamodellen und Beobachtungsdatensätzen festzustellen.  In Abb.1. ist z.B. der Niederschlag als Multi-Modell-Mittelwert über die globalen CMIP6-Klimamodelle verglichen mit der Klimatologie der globalen ERA5 Reanalysen des European Centre of Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF) zu sehen. Besonders markant sind diese regionalen Unterschiede in den Tropen, hier tritt das typische „Doppel-ITC-Problem“ auf: Während direkt am Äquator der Niederschlag stark unterschätzt wird, werden weiter nördlich bzw. südlich zu große Regenmengen simuliert. Ein Querschnitt in Nord-Süd-Richtung würde eine zweigipflige Niederschlagsverteilung ergeben, was der Realität mit nur einem Maximum über dem Äquator nicht entspricht. Dieses Problem zeigt sich nach wie vor in vielen globalen Klimamodellen und ist Gegenstand intensiver Untersuchungen. Weiters sind sich die verschiedenen Klimamodelle in vielen Regionen (gegitterte Regionen in Abb. 1) nicht einig, sprich verschiedene Modelle weisen unterschiedliche Signale zur Niederschlagsmenge und ihrer zukünftigen Trends auf.

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Abb. 1: Abweichung (Bias) des Multi-Modell-Mittelwerts von CMIP6 Modellen verglichen mit ERA5 Reanalysen für den Zeitraum 1995-2014. Gegitterte Regionen stellen die Unsicherheit in der Magnitude und Änderung des Vorzeichens dar (Eyring u.a. 2021, Fig. 3.13, (b)).

Schwierigkeiten mit seltenen und kleinräumigen Extremereignissen

Globalmodelle sind aufgrund ihres Aufbaus und ihrer räumlichen Auflösung noch nicht in der Lage, sämtliche Extremwerte realistisch wiederzugeben. Naturgemäß zeichnen sich außergewöhnliche Ereignisse dadurch aus, dass sie sehr selten und meist sehr kleinräumig auftreten, was von einem globalen Klimamodell mit grob 100 km bis 150 km Gitterpunktsweite nicht aufgelöst werden kann.

Dennoch können großräumige Extremwerte der Temperatur, wie etwa Hitzeperioden, in ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Magnitude mit einem globalen Klimamodell annähernd abgebildet werden. Im Gegensatz dazu werden Intensität, Frequenz und Verteilung von extremen Niederschlägen meist nicht richtig simuliert. Mit zunehmender Modellentwicklung zeigt sich jedoch, dass eine höhere räumliche Auflösung begleitet von einer Verbesserung der Modellphysik eine bessere Wiedergabe von Extremniederschlägen bringt. Auflösung und Modellphysik können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden: Beim Niederschlag etwa entsteht mit verbesserter Auflösung (Gitterweite unter 5 km) die zunehmende Notwendigkeit und gleichzeitig faszinierende Möglichkeit, die Vorgänge der Turbulenz und Konvektion besser in das Modell zu integrieren.

Der tatsächliche Rückgang des Meereises wird unterschätzt

Ein Element, welches von globalen Klimamodellen im Moment noch nicht befriedigend wiedergegeben werden kann, ist die Entwicklung der Meereisausdehnung. Abbildung 2 zeigt die Simulation des arktischen Meereises aus einer Vielzahl an globalen Klimamodellen im Vergleich mit Beobachtungsdaten. Der Rückgang des Meereises wird von den Modellen etwas unterschätzt, die Beobachtungen liefern einen steileren Abwärtstrend. Es ist anzunehmen, dass gewisse Rückkopplungsmechanismen im arktischen Klima noch nicht vollständig verstanden und implementiert sind. Jedoch ist diese Unterschätzung mit Klimamodellen der neuesten CMIP6 Generation wesentlich geringer als noch mit vorangehenden Generationen von Klimamodellen.

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Abb. 2: Monatliches Mittel für März (links) und September (rechts) der arktischen Meereisausdehnung für verschiedene Klimamodelle (grau: historische Simulationen, blau: SSP1-2.6 Szenario, orange: SSP2-4.5 Szenario, rot: SSP5-8.5 Szenario) und Beobachtungen (schwarze Punkte) (Fox-Kemper u.a. 2021, links: Fig. 9.14, (c); rechts: Fig. 9.14, (g)).

Unsicherheitsfaktor Klimasensitivität

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor besteht in der Abschätzung der Gleichgewichts-Klimasensitivität (ECS, equilibrium climate sensitivity) von Klimamodellen. Diese beschreibt die zu erwartende Erwärmung der globalen Mitteltemperatur bei einer Verdopplung der pre-industriellen CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Dies entspricht einem CO2-Gehalt in der Atmosphäre von etwa 560 ppm. Diese Gleichgewichts-Klimasensitivität liegt für die neueste Modellgeneration bei einigen Modellen höher, was zu einer höheren Erwärmung führt. Vergleiche mit Beobachtungen zeigen jedoch, dass Modelle mit sehr hoher Gleichgewichts-Klimasensitivität die bisher beobachtete Erwärmung überschätzen. Aktuell wird mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Klimasensitivität zwischen 2 °C und 5 °C ausgegangen.

 

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