Anthropogene Treibhausgase
Erst in den aktuellsten Jahrzehnten hat der menschliche Einfluss die Sonnenaktivität als stärksten Klimaantrieb abgelöst.
Der zusätzliche Treibhauseffekt
Treibhausgase – seit Beginn ein Bestandteil der Erdatmosphäre – lassen die kurzwellige Einstrahlung der Sonne weitestgehend unverändert durch, absorbieren jedoch starke Anteile der langwelligen Wärmeausstrahlung der Erde ins Weltall. Aktuell steigt die Dichte dieser Spurengase durch intensive Nutzung von fossilen Energieträgern markant an.
Alle im Artikel „Natürliche Treibhausgase“ angeführten Gase (H2O, CO2, N2O, O3, CH4) sind derzeit auch von menschlichen Aktivitäten mitbeeinflusst. Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW), die neben ihrer zerstörerischen Wirkung auf die Ozonschicht der Stratosphäre auch als Treibhausgase klimawirksam sind, werden sogar zur Gänze vom Menschen in die Atmosphäre eingebracht. Die menschlichen Aktivitäten, mit denen die Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen sind je nach Treibhausgas unterschiedlich, was man am besten im Vergleich von Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) aufzeigen kann.
Wohlstandsprodukt CO2
Im Fall des CO2 sind es vor allem drei Hauptverursacher, die das Gas direkt in die Atmosphäre bringen: Die fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas. Diese Kohlenstoffträger wurden im Lauf von Jahrmillionen der Erdgeschichte durch Assimilation gebildet und abgelagert. Da wir Menschen den Kohlenstoff nun in vergleichsweise extrem kurzer Zeit durch Verbrennen wieder als CO2 der Atmosphäre zuführen, kommen die natürlichen Auslagerungsmechanismen mit diesem Tempo nicht mit und das CO2 reichert sich in der Atmosphäre an. Problematisch ist dabei, dass in der industrialisierten Welt die intensive Nutzung fossiler Energieträger auf grundlegende Art mit Wohlstand, Mobilität und Komfort verbunden ist.
Auf eine noch fundamentalere Art mit der menschlichen Existenz ist das zweitwichtigste langlebige Treibhausgas CH4 verknüpft (Abbildung 1). Es entsteht hauptsächlich bei Umwandlung von pflanzlicher oder tierischer Materie unter Abwesenheit von Sauerstoff. Also nicht Verbrennen steht hier im Vordergrund, sondern Verfaulen, Vermodern, Verdauen. Der Name Sumpfgas nennt bereits eine wesentliche Quelle für CH4: Die Methanerzeugung aus abgestorbenen Pflanzenresten in Mooren ist ein natürlicher Prozess. Auch in Reisfeldern oder in Rindermägen entsteht Methan, was jedoch eng mit menschlichen Aktivitäten verknüpft ist. Bei der Förderung fossiler Energieträger wird ebenfalls Methan frei, das bei deren Bildung mitentstanden ist.
Wie viel Methan taut aus Permafrostböden?
Im Hinblick auf die natürliche Methanquelle, die Pflanzenverrottung im Wasser, spielt der Mensch eine ambivalente Rolle. Einerseits wurden Feuchtraumgebiete in starkem Maß trockengelegt. Der Bogen reicht dabei von Flussauen, die Regulierungen oder der Landgewinnung für Ackerbau zum Opfer gefallen sind, bis zur aktiven Trockenlegung saurer Wiesen. Andererseits trägt die globale Erwärmung zum Auftauen der Permafrostgebiete in hohen geografischen Breiten bei, wodurch neue potenzielle Methanquellen entstehen. Es ist wissenschaftlich allerdings noch nicht vollständig geklärt, inwieweit die gleichzeitige Verdichtung der Pflanzendecke den Effekt abpuffern kann.
Die Beispiele Reisanbau und Rinderzucht weisen auch auf eine ganz andere Problematik hin, die sich bei weiter zunehmender Erdbevölkerung verschärfen wird: Diese Methanquelle ist unmittelbar mit der Ernährung der Bewohner unseres Planeten verknüpft.
Warum ist CO2 so klimaaktiv?
Jedes der Treibhausgase hat ein unterschiedliches Treibhauspotenzial. Dieses Potenzial ergibt sich aus dem Prozentsatz der Strahlung, den ein Treibhausgas je Wellenlänge absorbiert, wie breit seine Absorptionsbande ist und an welcher Stelle im Ausstrahlungsspektrum der Erde es sich befindet. Das Treibhauspotenzial des CO2 ist übrigens das schwächste von allen untersuchten klimaaktiven langlebigen Spurengasen. CH4 (Methan) ist 30-mal, N2O (Lachgas) 150-mal, O3 (Ozon) 2.000-mal und ein durchschnittliches FCKW sogar 15.000-mal so wirksam wie CO2.
Warum führen wir dann das Kohlendioxid als das primäre langlebige Treibhausgas? Die Antwort liegt in der sehr unterschiedlichen Verdünnung, in der die Spurengase in der Atmosphäre vorkommen (für einen Vergleich mit den Werten von 2005 siehe Tabelle 2): Mit einer mittleren jährlichen, globalen Dichte von ca. 415 ppm (parts per million, Teile pro Million, 10-6) für 2021 gibt es in der Atmosphäre wesentlich mehr CO2 als das zweithäufigste Treibhausgas CH4. Dieses kommt etwa 220-mal seltener vor, wird in ppb (parts per billion, Teile pro Milliarde, 10-9) gemessen und lag 2021 bei ca. 1.896 ppb. N2O ist etwa 1.000-mal seltener als CO2 und für die so klimaaktiven FCKWs benötigt man sogar die Skala ppt (parts per trillion, Teile pro Billion, 10-12).
Tab. 1: Wirksamkeit langlebiger Treibhausgase (Kuhn 1990, Solomon u.a. 2007).
|
Potenzial |
Konzentration |
Strahlungsantrieb |
|
relativ zu CO2 (= 1) |
|
W/m² |
Treibhausgase |
|
|
|
CO2 |
1 |
380 ppm |
+1,66 |
CH4 |
30 |
1774 ppb |
+0,48 |
bodennahes O3 |
2000 |
|
+0,35 |
FCKW |
15000 |
3 bis 600 ppt |
+0,27 |
N2O |
150 |
319 ppb |
+0,16 |
stratosphärisches O3 |
2000 |
|
–0,05 |
Die Wichtigkeit eines Treibhausgases für die Klimabeeinflussung ergibt sich erst aus der Kombination von Potenzial und Verdünnung. Dafür hat sich in der Wissenschaft der englische Ausdruck „effective radiative forcing“ (effektiver Strahlungsantrieb) eingebürgert. Darunter versteht man den Antrieb für die Klimaerwärmung zur direkten Vergleichbarkeit mit der Sonneneinstrahlung in Energie- bzw. Leistungseinheiten W/m². Auf dieser Skala liegt nun erwartungsgemäß bei den langlebigen Treibhausgasen das CO2 klar in Führung (siehe Tabelle 1). Es gibt allerdings auch negative Antriebe, die zum Teil auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen sind, bspw. flüssige oder feste Schwebeteilchen(Aerosole).
Literatur:
Böhm R. (2010): Heiße Luft – nach Kopenhagen. Reizwort Klimawandel. Fakten – Ängste Geschäfte. 2. Aufl. Wien, Klosterneuburg: Va Bene, 280 Seiten, ISBN 978-3-85167-243-5
Buchal C., Schönwiese C. (2010): Klima. Die Erde und ihre Atmosphäre im Wandel der Zeiten. Berlin: Helmholtz-Gemeinschaft, 206 Seiten, ISBN 978-3-89336-589-0
Canadell, J.G., P.M.S. Monteiro, M.H. Costa, L. Cotrim da Cunha, P.M. Cox, A.V. Eliseev, S. Henson, M. Ishii, S. Jaccard, C. Koven, A. Lohila, P.K. Patra, S. Piao, J. Rogelj, S. Syampungani, S. Zaehle, and K. Zickfeld (2021): Global Carbon and other Biogeochemical Cycles and Feedbacks. In: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, pp. 673–816, doi:10.1017/9781009157896.007.
Crowley T.J. (2000): Causes of climate change over the past 1000 years. Science 289, 270–277, doi:10.1126/science.289.5477.270
Forster, P., T. Storelvmo, K. Armour, W. Collins, J.-L. Dufresne, D. Frame, D.J. Lunt, T. Mauritsen, M.D. Palmer, M. Watanabe, M. Wild, and H. Zhang (2021): The Earth’s Energy Budget, Climate Feedbacks, and Climate Sensitivity. In Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, pp. 923–1054, doi:10.1017/9781009157896.009.
IPCC (2021): Summary for Policymakers. In: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, pp. 3−32, doi:10.1017/9781009157896.001.
Kuhn M. (1990): Klimaänderungen: Treibhauseffekt und Ozon: Tatsachen, Erklärungen und Zahlenbeispiele zur menschlichen Beeinflussung des Klimas durch Spurengase. Kulturverl., 157 Seiten, ISBN 3853951481
NOAA: Trends in Atmospheric Carbon Dioxide. http://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends, abgerufen am 28.07.2022
NOAA: Trends in Atmospheric Methane. https://gml.noaa.gov/ccgg/trends_ch4/, abgerufen am 28.07.2022
Ruddiman W.F. (2008): Earth’s climate. Past and future. 2. Aufl. New York: Freeman, 465 Seiten, ISBN 978-0-7167-8490-6
Solomon S., Qin D., Manning M., Chen Z., Marquis M., Averyt K.B., Tignor M., Miller H.L. (Hg.) (2007): Climate change 2007: The physical science basis. Contribution of working group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge, New York: Cambridge University Press, 996 Seiten, ISBN 9780521705967 (Website).