Negative Rückkopplungen

Störungen werde abgefedert

Das Klimasystem enthält einige interne Stabilisierungseffekte, die Störungen von außen abfedern können. Diese negativen Rückkopplungseffekte haben entscheidenden Einfluss darauf, wie empfindlich das Erdklima auf Änderungen reagiert – auf den stark steigenden Treibhausgehalt der Atmosphäre etwa.

Gerade die negativen, stabilisierenden Rückkopplungen des Klimasystems der Erde liegen zurzeit im Kreuzfeuer der wissenschaftlichen und klimapolitischen Diskussion. Es gibt noch einiges zu klären und zu verstehen bei diesen Phänomenen. Gleichzeitig sind sie von entscheidendem Einfluss auf das, was man vereinfacht als Klimasensitivität (eng. climate sensitivity) bezeichnet, worunter meist die Reaktion der mittleren globalen Temperatur auf eine Verdopplung des CO2-Gehalts der Atmosphäre verstanden wird. In diese Sensitivität sind die direkten Klimaantriebe und die Rückkopplungsprozesse verpackt. Der Bandbreite liegt dabei zwischen einem geringen Effekt (z.B. bei Lindzen und Choi 2009) und einem höher angesetzten (z.B. in den Modellansätzen von IPCC 2007). Dazwischen liegen etwa paläoklimatologische Arbeiten (z.B. Royer u.a. 2007). Die bessere quantitative Bestimmung der Temperaturschwankungen der Vergangenheit ist von entscheidender Bedeutung, da nur über die Einengung des Unsicherheitsbereichs der Sensitivität auch eine bessere Abschätzung der Klimazukunft möglich wird.

Stefan-Boltzmann-Gesetz

Eine der wirksamsten internen Stabilisierungseffekte des Erdklimas beruht auf dem Stefan-Boltzmann-Gesetz, welches beschreibt, dass die Wärmeabstrahlung eines Körpers mit zunehmender Temperatur ansteigt. Der Anstieg ist zudem progressiv und nimmt mit der vierten Potenz der absoluten Temperatur (T4) zu. Josef Stefan und Ludwig Boltzmann waren beide im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert als Professoren am Physikalischen Institut der Universität Wien tätig.

Vor allem wohl diese starke negative Rückkopplung hat das Erdklima in starkem Maß über die Jahrmillionen erstaunlich stabil gehalten, wenn man die Sache in absoluten Temperaturen betrachtet. In der letzten rund 1 Mrd. Jahre, für die halbwegs zuverlässige Informationen über die Variabilität der globalen Durchschnittstemperatur vorliegen, hat sich diese in einer Bandbreite vor rund 10° C bewegt. Das sind nur rund 3 %, wenn man als einzig sinnvollen Maßstab die absolute Temperaturskala (Kelvin) zugrundelegt, die den absoluten Nullpunkt bei –273° C besitzt.

Pflanzendecke

Auch die Biosphäre sorgt für eine dämpfende negative Rückkopplung. Die Pflanzendecke der Kontinente gedeiht in einer warmen und feuchten Atmosphäre üppiger, entzieht damit der Atmosphäre mehr CO2 und stabilisiert dadurch die Erwärmung. Diese negative Rückkopplung funktioniert auch in einer Kaltzeit, in der die Pflanzendecke schütterer ist und somit mehr CO2 in der Atmosphäre bleibt – ein Effekt, der als ein selbstverstärkender Faktor bei den Enteisungsphasen einer Kaltzeit mitwirken dürfte. Besonders stark hat sich die Rückkopplung über die Pflanzendecke in der Zeit ausgewirkt, als im späten Silur bis zum frühen Karbon (vor ca. 400–350 Millionen Jahre) die Biosphäre die Kontinente eroberte. Die neue Pflanzendecke der Kontinente reduzierte den CO2-Gehalt drastisch vom mehr als dem 10-Fachen des heutigen auf mit heute vergleichbare Werte (vgl. Abb. 1 im Artikel „Natürliche Treibhausgase“). Dies führte an der Wende vom Karbon zum Perm – zusammen mit der damals noch um 2–3 % weniger intensiv strahlenden Sonne – vor rund 300 Mio. Jahren zum ausgeprägten permo-karbonen Eiszeitalter.

Wolken

Eine ambivalente und noch nicht gut verstandene Rolle spielen die der Wolken als Rückkopplungsfaktor im Klimasystem. Sie wirken durch ihre vermindernde Wirkung als positives Rückkopplung auf die oben beschriebene Wärmeabstrahlung der Erde – etwas das man deutlich spüren kann, wenn man denviel stärkeren Temperaturrückgang in einer klaren Nacht mit dem viel schwächeren einer bedeckten Nacht vergleicht. Allerdings besitzt eine Wolkendecke auch eine sehr hohe Albedo, was man auf jedem Satellitenbild im sichtbaren Bereich des Lichtes sehen kann. Das reduziert die kurzwellige Einstrahlung der Sonne und wirkt abkühlend. Es ist zurzeit noch nicht befriedigend geklärt, ob der Gesamtbedeckungsgrad der Erde positiv oder negativ rückkoppelt. Die endgültige Antwort könnten nur in dieser Hinsicht stark verbesserte Klimamodelle geben, da die derzeitigen bei der Wolkenmodellierung noch gröbere Probleme haben.

 

Literatur:

Bardley R.S. (2000): Past global changes and their significance for the future. Quaternary Science Reviews 19, 391–402, doi: 10.1016/S0277-3791(99)00071-2

Esper J., Wilson R.J.S., Frank D.C., Moberg A., Wanner H., Luterbacher J. (2005): Climate: Past ranges and future changes. Quaternary Science Reviews 24, 2164–2166, doi: 10.1016/j.quascirev.2005.07.001 (PDF-Datei; 0,3 MB)

Lindzen R.S., Choi Y.S. (2009): On the determination of climate feedbacks from ERBE data. Geophysical Research
Letters
36, L16705, doi: 10.1029/2009GL039628 (PDF-Datei; 0,9 MB)

Royer D.L., Berner R.A., Park J. (2007): Climate sensitivity constrained by CO2 concentrations over the past 420 million years. Nature 446, 530–532, doi: 10.1038/nature05699 (PDF-Datei; 0,3 MB)

Ruddiman W.F. (2008): Earth’s climate. Past and future. 2. Aufl. New York: Freeman, 465 Seiten, ISBN 978-0-7167-8490-6

Schönwiese C.D. (2008): Klimatologie. 3. Aufl. Stuttgart: Ulmer, 472 Seiten, ISBN 978-3-8252-1793-8

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