Atmosphärische Zirkulation
Energieaustausch auf Umwegen
Die unterschiedliche Erwärmung von äquatornahen und polnahen Regionen der Erde treibt die atmosphärische Zirkulation an. In der Folge sind ausgedehnte Gebiete der Erdoberfläche durch typische großräumige Luftdruckgebilde charakterisiert.
Zu Beginn soll festgehalten werden, dass unter dem Begriff atmosphärische (auch allgemeine, globale oder planetare) Zirkulation eine grob vereinfachte Modellvorstellung der den Globus umspannenden atmosphärischen Zirkulationssysteme zu verstehen ist (Abb. 1).
Den Antrieb all dieser Systeme bildet die Sonne, die die äquatornahen Gebiete der Erde wesentlich stärker erwärmt als die Polarregionen. Dadurch bilden sich ein Hitzetief entlang des Äquators (durch Aufsteigen warmer Luft) und Kältehochs über den Polen (durch Absinken kalter Luft). Eigentlich würde sich durch diese Luftdruckgegensätze in Bodennähe eine Luftströmung Richtung Äquator einstellen, während die entsprechende Gegenströmung in der Höhe Richtung Pole verliefe, was ein geschlossenes Zirkulationsrad auf jeder Erdhalbkugel zur Folge hätte.
Da sich die Erde aber dreht und die Corioliskraft wirkt, bilden sich nicht eine sondern drei Zirkulationszellen pro Hemisphäre aus:
- die Hadley-Zelle über dem Äquator
- die Ferrel-Zelle über den mittleren Breiten
- die Polar-Zelle über den Polen
Hadley-Zelle zwischen Regenwald und Wüste
Über dem Äquator steigt die stark erwärmte Luft auf, wodurch sich ein Tief nahe der Erdoberfläche bildet. Die aufsteigende Luft kühlt ab und der enthaltene Wasserdampf kondensiert, was die den tropischen Regenwald nährenden Niederschläge verursacht. In der Höhe strömen die aufgestiegenen Luftmassen in Richtung Pole auseinander und sinken bei etwa 30° geografischer Breite wieder ab. Beim Absinken erwärmt sich die Luft wieder und trocknet stark aus, wodurch sich stabile Hochdruckgebiete bilden. Entlang dieser subtropischen Hochdruckgürtel befinden sich die großen Wendekreiswüsten Afrikas, Arabiens und Australiens.
Vom subtropischen Hochdruckgürtel ausgehend strömt die Luft bodennah zum Teil zurück zum Äquator. Durch die Corioliskraft der Erddrehung wird die Strömung auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt. Die entstehenden Passatwinde aus nordöstlicher bzw. südöstlicher Richtung wehen das ganze Jahr hindurch beständig. Im Bereich des Äquators treffen sie zusammen (konvergieren), werden zum Aufstieg gezwungen und unterstützen dadurch die Entstehung der dortigen Tiefdruckgebiete – die Hadley-Zelle ist geschlossen.
Der Bereich des tiefen Luftdrucks über dem Äquator, auch äquatoreale Tiefdruckrinne oder innertropische Konvergenzzone (ITCZ) genannt, verharrt jedoch nicht stabil. Da die ITCZ in ihrer Entstehung von der Position der größten Strahlungssumme abhängt, wandert sie jahreszeitlich dem höchsten Sonnenstand folgend; im Nordsommer liegt sie nördlich, im Südsommer südlich des Äquators. Die Regenfälle, die die ITCZ mit sich bringt, speißen als saisonale Regenzeiten die Savannen zwischen Tropen und Wendekreiswüsten.
Stabile Polar-Zelle über Eiswüsten
Über den Polen bildet absinkende Kaltluft ein Hoch an der Oberfläche und ein Tiefdruckgebiet in der Höhe. Die aus dem Hochdruckgebiet ausströmende Luft wird durch die Corioliskraft nach rechts abgelenkt, woraus die polaren Ostwinde resultieren. Sobald die Luftmassen den Polarkreis überschreiten, haben sie sich schon soweit erwärmt, dass sie wieder aufsteigen und in der Höhe wieder Richtung Pol zurückströmen. Am direkten Grenzbereich zu wärmerer Luft, der Polarfront, entstehen die subpolaren Tiefdruckgebiete. Wie die Hadley-Zelle ist auch die Polar-Zelle, vor allem im Zentrum, ein sehr stabiles Druckgebilde. Die Eiswüsten der Pole sind die niederschlagsärmsten Gegenden der Erde.
Variable Westwindzone der Ferrel-Zelle
Wesentlich instabiler ist die dazwischen gelegene Ferrel-Zelle der gemäßigten Breiten. In diesem Bereich der größten Wärmeunterschiede, etwa zwischen 40° und 60° geografischer Breite, treffen warme subtropische und kalte polare Luftmassen an der Polarfront aufeinander. Um den Energieaustausch zu bewältigen, strömt die Luft von den Subtropenhochs polwärts zu den Subpolartiefs, wird allerdings wieder von der Corioliskraft abgelenkt: Aus der ursprünglich längsgerichteten Luftbewegung wird die den ganzen Globus umfließende, hochreichende Westwinddrift. Mit ihr wandern die subpolaren Tiefdruckgebiete westwärts.
In der oberen Troposphäre ist die Polarfront mit einem schmalen Band starker Winde, dem Polarfront-Jetstream, gekoppelt. Ein zweites, weniger intensives Starkwindband befindet sich oberhalb des Subtropenhochs, der Subtropen-Jetstream. Die Höhe der Tropopause ist über den Tropen relativ konstant bei 17 km und nimmt polwärts ab, wo sie jahreszeitlich zwischen 6 und 10 km schwankt. Beide Jetstreams gehen mit Tropopausenbrüchen, abrupten Abnahmen in der Tropopausenhöhe Richtung Pol, einher.
Literatur:
Häckel H. (2005). Meteorologie. 5. Aufl. Stuttgart: Ulmer, 447 Seiten, ISBN 3-8252-1338-2
Schönwiese C.D. (2008): Klimatologie. 3. Aufl. Stuttgart: Ulmer, 472 Seiten, ISBN 978-3-8252-1793-8
Wallace J.M., Hobbs P.V. (2006): Atmospheric science. An introductory survey. 2. Aufl. Burlington, San Diego, London: Academic Press, 483 Seiten, ISBN 9780127329512