Grönland
Wird Grönland grün?
Wie stark nimmt die Eismasse Grönlands ab? Ist mit einem raschen und vollständigen Abschmelzen des grönländischen Eisschildes durch den Klimawandel zu rechnen? Was bedeutet „rasch“ für eine so große Eismasse? Das sind derzeit zentrale Fragen der weltweiten Klimaforschung, nicht nur weil sie wissenschaftlich spannend sind, sondern auch weil ein Abschmelzen weitreichende Folgen für das globale Klima und für den Meeresspiegel hätte.
Im Gegensatz zur Antarktis ist das Klima Grönlands um 10 bis 15° C wärmer und teilweise auch durch deutlich höhere Niederschläge geprägt. Jedoch ist das Klima Grönlands räumlich sehr unterschiedlich, was sich durch die große Nord-Süd-Erstreckung und Einflussfaktoren wie der Westwindzone, polaren Ostwindzone und der dazwischenliegenden Polarfront sowie dem Grönlandstrom und dem Nordatlantikstrom erklärt. Schließlich besitzt Grönland nicht nur sein Eisschild sondern auch eine große Anzahl kleinerer Gletscher und Eiskappen.
Räumliche Variationen des Klimas prägen die Massenbilanz
Für Grönland sind derzeit Veränderungen der Niederschlagsmengen im Winter (Akkumulation), der Schnee- und Eisschmelze im Sommer (Ablation) sowie Massenverluste durch eisdynamische Prozesse (Kalben) wesentlich. Durch das fehlende Wissen über den Wirkungsmechanismus beim Kalben können zukünftige Veränderungen nur unzureichend modelliert werden. Darüber hinaus sind die Zeitreihen der Massenänderung des grönländischen Eisschildes kurz (genauere Daten ab etwa 1970) und die Unsicherheiten im Vergleich zum Änderungssignal groß.
Messergebnisse und Auswertungen von Satellitendaten zeigen eine Zunahme der im Sommer schmelzenden Schneeflächen (Abb. 1). Das deckt sich mit Ergebnissen von Modellläufen regionaler Klimamodelle. Die Temperaturzunahme auf dem Eisschild selbst ist jedoch schlecht durch Messungen belegt, da Wetterstationen meist in Küstennähe liegen.
Schmelzflächen werden größer, Gletscher kalben schneller
Neben der Zunahme der Schmelze wurde etwa zur Jahrtausendwende eindeutig ein Beschleunigen mehrerer direkt ins Meer kalbender Gletscher beobachtet (Abb. 2). Da die Gletscher in Grönland teilweise sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen, macht Kalben einen Anteil von etwa 30 bis 40 % des Gesamtmassenverlustes aus. Als Ursache für das Beschleunigen werden unterschiedliche Faktoren diskutiert: eine Abnahme der basalen Reibung an der Grenze Gletscher-Gletscherbett durch verstärkte Schmelzwasserführung, Veränderungen am Gletscherbett, die sich durch den Rückzug der Kalbungsfront ergeben, sowie Veränderungen der Eiseigenschaften durch den steigenden Energieeintrag des sich erwärmenden Meerwassers. Mittlerweile belegen Messungen für einzelne dieser „schnellen“ Gletscher wieder einen Rückgang der Fließgeschwindigkeiten.
Grönlands Eis schmilzt mit zunehmender Geschwindigkeit
Verschiedene Studien zur Massenbilanz des grönländischen Eisschildes kommen zu ähnlichen Ergebnissen (Abb. 3). Demnach nimmt die Eismasse Grönlands derzeit ab, wobei sich in der noch relativ kurzen Zeitreihe ein sich beschleunigender Trend abzeichnet. Die Massenänderung des grönländischen Eisschildes ist aus zwei Gründen sehr wichtig: Einerseits hat die Größe der Eisfläche einen Einfluss auf den Energieeintrag an der Erdoberfläche (Eis-Albedo-Rückkopplung), andererseits wird der Meeresspiegel beeinflusst. Insgesamt hat das Eisvolumen das Potenzial, den Meeresspiegel um etwa 7 m ansteigen zu lassen.
Wird Grönland völlig eisfrei?
Aber unter welchen Bedingungen würde das Eisschild zur Gänze abschmilzen und wie lange würde es dafür brauchen? Aus den grönländischen Eisbohrungen weiß man, wo und wann Eis vorhanden war und welche Temperatur zu diesem Zeitpunkt vorgeherrschte. Abbildung 4 zeigt, dass vor etwa 125.000 Jahren – in der Eem-Warmzeit vor der letzten Kaltzeit – die Lufttemperatur um etwa 2 bis 4° C wärmer als heute und ein Teil des Eisschildes noch vorhanden war. Betreffend den groben Zeitrahmen für ein vollständiges Verschwinden des Eisschildes zeigen Modellberechnungen, unter Annahme verschiedener Szenarien eines zukünftigen globalen Temperaturanstiegs, dass dafür zumindest mehrere Jahrhunderte bis Jahrtausende notwendig sind. Sollte das grönländische Eisschild aber einmal verschwunden sein, dann würde es sich unter den heutigen Klimabedingungen nicht mehr aufbauen können.
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