Gegenwart

Aktuelle Zahlen geben Aufschluss über das heimische Eis und seine Eigenschaften.

Der Ist-Zustand der Gletscher in Österreich

Der Massenverlust der heute rund 800 Gletscher in Österreich, die im Mittel eine Eisdicke von etwa 38 m aufweisen, hat sich im Zeitraum 1997–2006 im Vergleich zum Zeitraum 1969–1997 weiter beschleunigt. Da für etwa 40 % der Gletscherfläche auch die Eisdicke gemessen wird, kann das Gesamtvolumen aller Gletscher Österreichs gut abgeschätzt werden.

In den Jahren 2004 - 2012 wurde auf Grundlage von genauer Laserscandaten das dritte österreichische Gletscherinventar (GI 3) erstellt. Ergebnisse für die Ötztaler Alpen zeigen, dass sich Flächen- und Volumenverluste im Zeitraum 1997–2006 im Vergleich zu 1969–1997 beschleunigt haben. Diese Beschleunigung spiegelt den seit 1980 besonders starken Temperaturanstieg und Eintritt ins Treibhauszeitalter verzögert wider.

Treibhausklima lässt Gletscher schrumpfen

Neben dem Massenverlust aufgrund des Temperaturanstieges wird eine typische Klima-Gletscher-Reaktion deutlich: Besonders kleine Gletscher haben weniger stark verloren als große. Sie konnten sich einerseits bereits an das geänderte Klima anpassen, andererseits liegen sie meist höher und haben geringere Abschmelzraten zu verzeichnen. Große Gletscher haben meist lange, niedrig gelegene Zungen mit noch sehr dickem Eis, was zu hohen Abschmelzraten und Volumenverlusten aber nur zu geringen Flächenverlusten führt. Aus diesem Grund sind im Zeitraum 1997–2006 die Volumenverluste deutlich stärker angestiegen als die Flächenverluste. Vergleicht man die Eisdickenabnahmen der Pasterze (Abb. 1) zwischen den letzten drei Gletscherinventaren miteinander, so sieht man deutlich, dass sich die Eisdickenverluste zuletzt verstärkt haben. Während der Gletscher zwischen 1969 und 1998 im Mittel 18,7 Meter an Eisdicke verloren hat, waren es in den darauffolgenden 14 Jahren von 1998 bis 2012 sogar 19,8 Meter. Die Rate des Höhenverlustes hat sich also mehr als verdoppelt von 0,65 Meter pro Jahr auf 1,41 Meter pro Jahr. Vor allem die Höhenverluste unterhalb des Hufeisenbruches, also auf der Pasterzenzunge, sind in der letzten Messperiode deutlich angestiegen mit Maxima über acht Meter pro Jahr im vordersten Bereich.

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Abb. 1: Vergleich der jährlichen Abnahme der Eisdicke der Pasterze für den Zeitraum 1969-1998 und 1998-2012 (GeoSphere Austria, Department Klima-Folgen-Forschung, interne Daten).

Besonders große Gletscher sind betroffen

Über die absolut in Österreich vorhandenen Eisvolumina weiß man weit weniger gut Bescheid als über die oben beschriebenen relativen Volumenänderungen zwischen zwei Zeitpunkten, die aus digitalisiertem Kartenmaterial und Luftaufnahmen berechnet werden können. Das liegt am hohen Aufwand von Eisdickenmessungen, die in mühevoller Kleinarbeit für jeden Gletscher z.B. mit Radargeräten einzeln durchgeführt werden müssen. Für nur 66 österreichische Gletscher gibt es derartige Messungen. Da die meisten großen Gletscher erfasst wurden, ist aber das Volumen von immerhin 40 % der Gesamtfläche aller Gletscher in Österreich bekannt. Das Eisvolumina aller Gletscher wird auf ca. 12,4 km³ (Stand 2016) geschätzt.

Tab. 1: Kennzahlen zum Ist-Zustand der österreichischen Gletscher

Anzahl

Mittlere Eisdicke

Fläche

Volumen

Ca. 800

Ca. 38 m

328 km² (2016)

Ca. 12,4 km³ (2016)

 

Literatur:

Der Zustand aller österreichischen Gletscher wird im Österreichischen Gletscherinventar an der Universität Innsbruck quantitativ erfasst. Es liegt für die Jahre 1969, 1997-1998, 2006-2012 und 2015 vor. Der Gletschermessdienst des Österreichischen Alpenvereins bietet in jährlicher Auflösung Daten zu Längenänderungen von derzeit 78 österreichischen Gletschern (Stand 2023). Der Hydrographische Dienst veröffentlicht Massenbilanzen von einigen ausgewählten Gletschern in Österreich in seinen Jahrbüchern, die mittlerweile auch im Internet verfügbar sind.

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