Vergangenheit
Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhren die Alpengletscher ihre größte Ausdehnung seit der letzen Kaltzeit. Seitdem ziehen sie sich zurück.
Die Alpengletscher werden deutlich kleiner
Seit dem letzten Höchststand gegen Ende der sogenannten Kleinen Eiszeit um 1850 haben die österreichischen Gletscher fast zwei Drittel ihrer Fläche verloren. Allerdings ist dieser Verlust nicht gänzlich auf den Menschen zurückführen.
Für den letzten Höchststand der Alpengletscher um 1850 gibt es verlässliche Abschätzungen der Gletscherausdehnung aufgrund der noch heute deutlich sichtbaren Moränen im Gletschervorfeld und regelmäßiger Messungen der Gletscherfluktuationen beginnen im späten 19. Jahrhundert. Das erste österreichische Gletscherinventar (GI 1) wurde 1969 erstellt. Im Zeitraum von 1996 – 2002 wurde das zweite Gletscherinventar (GI 2) erzeugt und auf das Jahr 1998 homogenisiert. Für das dritte Inventar (GI 3) wurde auf Laserscandaten und Orthofotos die zwischen 2004 – 2012 aufgenommen wurden zurückgegriffen. Das bisher letzte Gletscherinventar (GI 4) wurde auf Basis von Satellitenbildern erstellt. Hierfür wurden Aufnahmen aus dem Sommer 2015 ausgewertet. Ausnahme ist das Ödenwinklkees. dessen Aufnahme aus dem Jahr 2016 stammt und mittels Drohnen generiert wurde. Zusätzlich wird an einem Inventar (GI 0) für die Gletscherhochstände am Ende der kleinen Eiszeit um 1850 gearbeitet. Seit 1850 hat sich die österreichische Gletscherfläche mit einigen kurzen Vorstößen um 1890, 1920 und 1970, dem weltweiten Trend folgend von etwa 941 km² (GI0) auf 328 km² (GI4) reduziert. Im Zeitraum 1969–2016 kommt das einem Volumenverlust von 9,8 km³ Eis gleich. Dieser Volumenverlust stellt sich vereinfachend auch in den leicht zu ermittelnden, jährlichen Längenänderungen von Gletschern dar (Abb. 1).
Fotos belegen rasanten Gletscherschwund
Zahlreiche wertvolle Fotovergleiche (z.B. SwissEduc, Gletscherarchiv, Abb. 2) dokumentieren den Schwund der Eismassen in den Alpen seit Beginn des Jahrhunderts. Dieser rasante Gletscherschwund seit Beginn des Jahrhunderts ist nicht nur auf anthropogene Klimaeinflüsse zurückzuführen. Gletscheränderungen vor etwa 1950 sind praktisch zur Gänze ein Resultat natürlicher Klimaantriebe. Ein anthropogener Einfluss auf das Klima und somit auch auf den Rückzug der Alpengletscher kann erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts nachgewiesen werden.
Winter trocken und Sommer warm: Gift für die Gletscher
Die heimischen Gletscher werden vorwiegend von der Witterung der Sommermonate gesteuert. Abbildung 3 zeigt die gute Übereinstimmung zwischen Sommertemperatur und Massenbilanz eines Gletschers. Jedoch kann auch die Witterung des Winters entscheidende Auswirkungen haben. In Haushaltsjahren mit trockenen Wintern und daher wenig Schnee wie 2006/07 kann der Massenverlust trotz nicht allzu hoher Sommertemperaturen extrem negativ sein.
Literatur:
Auer I., Böhm R., Jurkovic A., Lipa W., Orlik A., Potzmann R., Schöner W., Ungersböck M., Matulla C., Briffa K., Jones P.D., Efthymiadis D., Brunetti M., Nanni T., Maugeri M., Mercalli L., Mestre O., Moisselin J.M., Begert M., Müller-Westermeier G., Kveton V., Bochnicek O., Stastny P., Lapin M., Szalai S., Szentimrey T., Cegnar T., Dolinar M., Gajic-Capka M., Zaninovic K., Majstorovic Z., Nieplova E. (2007): HISTALP – historical instrumental climatological surface time series of the greater Alpine region 1760–2003. International Journal of Climatology 27, 17–46, doi: 10.1002/joc.1377
Buckel, J., Otto, J. C., Prasicek, G., & Keuschnig, M. (2018). Glacial lakes in Austria—Distribution and formation since the Little Ice Age. Global and Planetary Change, 164, 39–51. https://doi.org/10.1016/j.gloplacha.2018.03.003
Buckel, Johannes, & Otto, Jan-Christoph. (2018). The Austrian Glacier Inventory GI 4 (2015) in ArcGis (shapefile) format [Application/zip]. PANGAEA. https://doi.org/10.1594/PANGAEA.887415Fischer A. (2010): Glaciers and climate change: Interpretation of 50 years of direct mass balance of Hintereisferner. Global and Planetary Change 71/1–2), 13–26, doi:10.1016/j.gloplacha.2009.11.014
Fischer, A., Seiser, B., Stocker Waldhuber, M., Mitterer, C., Abermann, J. (2015): Tracing glacier changes in Austria from the Little Ice Age to the present using a lidar-based high-resolution glacier inventory in Austria. The Cryosphere 9, 753–766, doi:10.5194/tc-9-753-2015
Gross G. (1987): Der Flächenverlust der Gletscher in Österreich 1850–1920–1969, Zeitschrift für Gletscherkunde und Glazialgeologie 23/2, 131–141
Helfricht, K., Huss, M., Fischer, A., & Otto, J.-C. (2019). Calibrated Ice Thickness Estimate for All Glaciers in Austria. Frontiers in Earth Science, 7, 68. https://doi.org/10.3389/feart.2019.00068
Kuhn M., Lambrecht A., Abermann J., Patzelt G., Gross G. (2009): Die österreichischen Gletscher 1998 und 1969. Flächen- und Volumenänderungen. Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 125 Seiten, ISBN 978-3-7001-6616-0
Lambrecht A., Kuhn M. (2007): Glacier changes in the Austrian Alps during the last three decades, derived from the new Austrian glacier inventory. Annals of Glaciology 46, 177–184, doi:10.1017/SO954102007000661
Schöner W., Auer I., Böhm R. (2000): Climate variability and glacier reaction in the Austrian Eastern Alps. Annals of Glaciology 31, 31–37, doi:10.3189/172756400781819806
World Glacier Monitoring Service (WGMS). (2022). Fluctuations of Glaciers Database (Version wgms-fog-2022-09) [CSV-files, zipped]. World Glacier Monitoring Service (WGMS). https://doi.org/10.5904/WGMS-FOG-2022-09