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12.08.2024

Detaillierte Simulation des Mikroklimas

Detaillierte Simulation des Mikroklimas

©GeoSphere Austria

Die Temperatur an der GeoSphere Austria Zentrale auf der Hohe Warte in Wien wurde seit 2022 mit einem dichten Wetterstationsnetz und Drohnen zentimetergenau vermessen.

Die Daten ermöglichen, die Auswirkungen der unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheiten auf die räumlichen und zeitlichen Schwankungen der Temperatur zu bewerten und das neue Stadtklimamodellsystem zu prüfen.

Stadtklimamodelle sind komplexe Computerprogramme, die Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und Windgeschwindigkeit in der städtischen Umgebung berechnen. Dabei werden sehr detailliert die Geländeform sowie die Art der Bebauung und der Landnutzung (Grünfläche, Agrarfläche usw.) berücksichtigt. So lassen sich die Folgen von Maßnahmen im Städtebau schon vor Projektbeginn abschätzten.

Für eine optimale Verwendung von Stadtklimamodellen sind umfangreiche Kenntnisse der Stärken und Schwächen der angewandten Methoden notwendig. Dafür werden unter anderem die Berechnungen mit realen Messungen verglichen.

Selbst der Einfluss von einzelnen Gebäuden wird berechnet

Das derzeit an der GeoSphere Austria für Stadtklimaanalysen verwendete PALM Modellsystem ermöglicht Berechnungen von Stadtteilen und ganzen Städten mit einer Auflösung von ein bis zehn Metern. Somit kann selbst der Einfluss von einzelnen Gebäuden simuliert werden. Dieses Modell wurde in den letzten Monaten mit sehr detaillierten Messdaten evaluiert.

„Das Areal der GeoSphere Austria auf der Hohen Warte in Wien bietet optimale Voraussetzungen, um die kleinräumige Genauigkeit des Modells zu überprüfen“, sagt Brigitta Hollosi, Leiterin der Kompetenzeinheit für Stadtklima an der GeoSphere Austria, „hier gibt es ganz unterschiedliche Arten von Gebäuden und Oberflächen, betonierte Wege und einen Parkplatz sowie Wiesen, Sträucher und Altbaumbestand und nicht zuletzt können Daten der offiziellen Wetterstation als Referenz dienen.“

2022 wurden in den verschiedenen Bereichen des Areals 25 zusätzliche Lufttemperatur- und Feuchtesensoren installiert und an einigen Tagen Messflüge mit einer Drohne mit Thermalkamera durchgeführt. Die Daten wurden zu einer flächigen, zentimetergenauen Oberflächentemperaturanalyse des Areals verarbeitet und mit Simulationen des Mikroklimamodells verglichen.

Die Ergebnisse

Die höchsten Temperaturen wurden sowohl am Tag als auch in der Nacht in der Nähe von Gebäuden und versiegelten Flächen gemessen, während in Grün- und Freiflächen niedrigere Lufttemperaturen herrschten. Die maximale Abkühlungsrate von 2,5 °C pro Stunde wurde unmittelbar nach Sonnenuntergang über Grünflächen registriert, wobei die Sensoren vor den Südfassaden mit 2,9 °C pro Stunde die höchste Erwärmungsrate aufwiesen.

„Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass das Modell die wichtigsten thermischen Eigenschaften des Untersuchungsgebiets gut berechnen kann“, sagt Stadtklima-Expertin Brigitta Hollosi, „wobei die Temperaturen in der Nacht leicht überschätzt wurden. Außerdem weist das Modell im Vergleich zu den realen Messungen etwas weniger ausgeprägte räumliche Unterschiede der Lufttemperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit auf. Die kleinräumigen Unterschiede der Oberflächentemperatur wurden hingegen gut abgebildet. Die Auswertung bestätigt, dass das Stadtklimamodell die mikroklimatischen Bedingungen angemessen bewerten kann und somit ein wertvolles Werkzeug für Fragestellungen einer zukunftsorientierten Stadtplanung ist.“

Unterschiede über 40 Grad an einem Sommertag

Detailergebnisse zeigen, wie unterschiedlich die Temperatur selbst auf einem vergleichsweise so geringen Areal (20.000 Quadratmeter) sein kann, und wie unterschiedlich sich Oberflächentemperatur und Lufttemperatur verhalten.

Zum Beispiel hatten auf der Hohen Warte einige Bereiche der Dächer an einem sonnigen Tag im August über 60 °C, während es an schattigen Plätzen der Wiese nur 20 °C hatte.

Die Temperatur der Luft, zwei Meter über dem Boden gemessen, zeigte am gleichen Tage niedrigere Extremwerte und Unterschiede von „nur“ drei bis vier Grad. Abgesehen von unterschiedlichen Eigenschaften der Luft und der Oberflächenmaterialien, spielt auch der Wind eine wesentliche Rolle. „Denn selbst ein nur schwacher Wind sorgt für einen ständigen Austausch zwischen den heißen und kühlen Bereichen und dämpft die Extremwerte. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass bei Stadtteilen die Möglichkeit für eine Windzirkulation und somit Durchlüftung erhalten bleibt“, so Hollosi.

Großer Einfluss durch Bodenfeuchte

Ein weiteres Ergebnis der Messungen ist, dass die Begrünung alleine nicht reicht, um ein Gebiet zu kühlen. Denn hier spielt auch die Feuchte des Bodens eine wichtige Rolle. „Eine trockene Wiese und der Parkplatz hatten annähernd ähnliche Oberflächentemperaturen. Nur eine feuchte Wiese war deutlich kühler als die versiegelte Flächen. Das zeigt, dass das Begrünen eines Gebäudes oder Entsiegelungsmaßnahmen eines Stadtteils mit regelmäßiger Bewässerung kombiniert werden soll, um eine kühlende Leistung zu gewährleisten“, erklärt Stadtklimaexpertin Hollosi.

Steigender Bedarf an Stadtklimaanalysen

Die Nachfrage nach präzisen und räumlich hochaufgelösten Klimainformationen im städtischen Bereich steigt kontinuierlich. Das an der GeoSphere Austria für derartige Untersuchungen verwendete spezielle Stadtklimamodell weist Funktionalitäten auf, stadtklimatische Analysen unter anderem zur Unterstützung bei Planungs- und Prüfungsprozessen, für die Konzeption der Grün- und Freiraumentwicklung im Hinblick auf die Hitzeanfälligkeit, für Fragen der Luftqualität und Schadstoffbelastung, sowie für die energetische und gesundheitliche Optimierung von Gebäuden durchzuführen.

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Weitere Informationen

->Artikel zum Projekt auf ScienceDirect

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Sehr große Unterschiede der Oberflächentemperatur an einem Sommertag. Analyse der Temperatur auf den verschiedenen Oberflächen (Gebäude, Wege, Parkplatz, Wiese, Bäume, Sträucher) auf der Hohen Warte in Wien. Credit: GeoSphere Austria. ->volle Auflösung

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Video: Animation der stündlichen Verteilung der Oberflächentemperatur an einem Sommertag auf der Hohen Warte in Wien. Die Animation zeigt die großen Temperaturänderungen im Laufe eines Tages und auch die starken kleinräumigen Auswirkungen von zum Beispiel Schatten der Bäume. Credit: GeoSphere Austria. ->Link Youtube Video

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Video (Modell): 3D-Darstellung der modellierten Lufttemperaturen an einem Hitzetag im August 2022 auf der Hohen Warte in Wien. Credit: GeoSphere Austria. ->Link Youtube Video

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