17.06.2015
Projekt WETRAX: Wetterlagen mit großflächigem Starkniederschlag im Klimawandel
Am 18. Juni 2015 findet in Wien die Abschlussveranstaltung zu WETRAX statt. In dem grenzübergreifenden österreichisch-deutschem Projekt wurde unter der Leitung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) untersucht, wie sich Wetterlagen, welche mit großflächig starkem Niederschlag verbunden sind, im Klimawandel ändern. Die Untersuchungen zeigen, dass in den nächsten Jahrzehnten in den Sommerhalbjahren Wetterlagen mit Potenzial für Hochwasser an den großen Flüssen zwar weniger werden, gleichzeitig aber mit deutlich mehr Niederschlag verbunden sind als in der Vergangenheit.
Im Projekt WETRAX (Weather Patterns, CycloneTracks and related precipitation Extremes) wurde in den letzten drei Jahren die Veränderung von großräumigen Starkniederschlägen für den Zeitraum 1951 bis 2100 untersucht. Dabei ging es um Wetterlagen, die großflächig ein, zwei, manchmal sogar drei Tage lang starken Regen oder Schneefall bringen. Derartige Niederschläge haben das Potenzial zu großräumigem Hochwasser, wie es zum Beispiel im August 2002 und im Mai 2013 an Donau und Elbe aufgetreten ist.
Das Untersuchungsgebiet von WETRAX umfasste Österreich, angrenzende Teile der Schweiz und Tschechiens sowie Süddeutschland. Nicht untersucht wurden in dem Projekt kurze, kleinräumige extreme Regenereignisse, wie sie zum Beispiel bei Gewittern vorkommen.
Kooperation von ZAMG und Universität Augsburg
WETRAX ist eine Kooperation deutscher und österreichischer Forschungsinstitutionen sowie behördlicher Entscheidungsträger aus dem Hochwassermanagement. Geleitet wurde das Projekt von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geographie der Universität Augsburg durchgeführt. Am 18. Juni 2015 werden die Ergebnisse aus drei Jahren Forschung im Rahmen einer Abschlussveranstaltung an der Technischen Universität Wien vorgestellt und diskutiert. Weitere Infos zur Veranstaltung finden Sie unter www.zamg.at/wetrax .
Basis für Hochwassermanagement
„Das Ziel von WETRAX war, die für Hochwasser relevanten Vorgänge in der Atmosphäre besser zu verstehen", sagt Projektleiter Michael Hofstätter von der ZAMG in Wien, „so können in Zukunft unter anderem Entscheidungsträger im Hochwassermanagement mit Fakten unterstützt werden, um Strategien zur Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln."
Wetterlagen und Zugbahnen in Vergangenheit und Zukunft
Um alle relevanten Vorgänge optimal zu berücksichtigen, wurden die typischen Muster in der Zirkulation der Atmosphäre mit zwei unterschiedlichen Vorgehensweisen bestimmt und ausgewertet, erklärt Klimaforscher Hofstätter: „Im Rahmen von WETRAX wurden zum einen die großräumigen Zirkulationstypen untersucht, also die Wetterlagen, die sich durch die Verteilung der Hoch- und Tiefdruckgebiete ergeben. Zum anderen haben wir uns mit den Zugbahnen von einzelnen Tiefdruckgebieten intensiv beschäftigt. Beides wurde für die Vergangenheit und die Zukunft untersucht. Die Berechnungen für die nächsten Jahrzehnte basieren auf Klimamodellen. Sie lösen diese atmosphärischen Entwicklungen gut auf, wie uns Untersuchungen mit historischen Daten zeigten."
„Vb"-Wetterlagen: selten aber intensiv
Die Ergebnisse von WETRAX zeigen, dass die meisten extremen Ereignisse mit nur wenigen Zugbahnen und Zirkulationstypen erklärt werden können. Nahezu alle Tiefdruckgebiete, die in den letzten Jahrzehnten im Alpenraum großflächigen Starkniederschlag brachten, lassen sich zwei typischen Mustern zuordnen: 1. Tiefdruckgebiete mit sogenannten Vb-Zugbahnen (sprich „fünf b"). Sie ziehen von Oberitalien über den Alpenostrand nach Polen und können im gesamten Alpenraum intensiven Niederschlag bringen. 2. Tiefdruckgebiete, die vom Atlantik nach Mitteleuropa ziehen. Sie bringen vor allem an der Nordseite der Alpen große Regen- und Schneemengen, ziehen meistens aber rasch durch. „Tiefdruckgebiete auf einer Vb-Zugbahn stehen bei großen Niederschlagsmengen stets im Vordergrund", sagt ZAMG-Klimaforscher Hofstätter, „sie kommen zwar mit durchschnittlich fünf Ereignissen pro Jahr vergleichsweise selten vor, sehr viele von ihnen bringen aber überdurchschnittlich große Regen- und Schneemengen. In den letzten 60 Jahren erreichte jedes vierte Vb-Tiefdruckgebiet einen Platz unter den niederschlagsstärksten Ereignissen, vor allem in den Monaten Mai bis Oktober."
Vergangenheit: Zunahme im Herbst
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Häufigkeit von Zugbahnen und Zirkulationstypen mit starkem Niederschlag nicht statistisch signifikant verändert. Es treten meist starke jahreszeitliche und regionale Schwankungen auf, jedoch ohne einheitlichen Trend. Darüber hinaus zeigt die Untersuchung im Rahmen von WETRAX noch einige andere interessante Besonderheiten. Michael Hofstätter: „Tiefdruckgebiete, die von Oberitalien in Richtung Südosten wandern, wie zum Beispiel 2014 beim extremen Hochwasser in Serbien und Bosnien-Herzegowina, wurden in den letzten 20 Jahren deutlich häufiger. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Gebiete im Bereich des Balkan." In Österreich ist im Herbst eine signifikante Zunahme der großräumigen Starkniederschläge zu sehen, in den anderen Jahreszeiten zeigt sich hingegen keine Veränderung oder sogar eine Abnahme im Zeitraum von 1951-2006.
Zukunft: Abnahme im Sommer, aber intensiver
Die Untersuchungen mit Klimamodellen bis zum Jahr 2100 brachten folgende Ergebnisse: In Zukunft werden die großflächigen Ereignisse mit starkem Niederschlag im Sommerhalbjahr (Mai bis Oktober) weniger oft zu beobachten sein. Der Grund ist ein Trend zu vermehrten Hochdruck-Wetterlagen über Mitteleuropa. Allerdings ist auch in diesem Szenario weiterhin extremes Hochwasser an großen Flüssen möglich. Es sind sogar noch stärkere Ereignisse als bisher zu erwarten, sagt ZAMG-Experte Hofstätter: „Auch in Zukunft werden Vb-Wetterlagen auftreten, die mit exzessivem Niederschlag verbunden sind. Da die Lufttemperatur im Klimawandel stetig ansteigt, und warme Luft deutlich mehr Wasserdampf aufnehmen kann als kühle Luft, sind in Zukunft bei diesen einzelnen Ereignissen sogar größere Regenmengen möglich. Das haben auch unsere Untersuchungen bestätigt."
Für Herbst und Winter lassen die Klimamodelle in den nächsten Jahrzehnten eine Zunahme von Westwetterlagen erwarten. Sie können vor allem an der Nord- und Westseite der Alpen vermehrt zu Starkniederschlägen führen.
In konkreten Zahlen ergaben die Untersuchungen mit Klimamodellen im Rahmen von WETRAX folgende Ergebnisse: Die Intensität und die Häufigkeit von starken Gebietsniederschlägen wird bis zum Jahr 2100 im Herbst und Winter um 5 bis 15 Prozent zunehmen. Im Sommer hingegen ist im Mittel ein Rückgang von minus 10 minus 30 Prozent zu erwarten.
Nicht jeder Starkregen bringt Hochwasser
Die Ergebnisse von WETRAX liefern zwar eine Basis für das Maßnahmen im Hochwassermanagement, aber nicht jeder großflächige, starke Regen führt zu einem Hochwasser, betont Klimaforscher Hofstätter: „Meistens reicht ein Tiefdruckgebiet mit starkem Regen nicht für ein markantes Hochwasser an großen Flüssen, wie an der Donau. Zu einem derartigen Hochwasser kommt es vor allem, wenn die Böden durch überdurchschnittlich feuchtes Wetter in den Wochen und Monaten davor bereits stark gesättigt sind. Vor dem Hochwasser 2013 zum Beispiel zogen in kurzer Folge drei Tiefdruckgebiete mit starkem Regen über den Alpenraum."
Österreichisch-deutsche Kooperation von Wissenschaft und Behörden
Durchgeführt wurde WETRAX von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), die auch das Projekt leitete, und der Universität Augsburg (Institut für Geographie). Projektauftraggeber waren auf österreichischer Seite das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Sektion IV - Wasserwirtschaft) und auf deutscher Seite das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (Referat 54 - Monitoring, Wasserhaushalt und Warndienste, vertreten durch das Bayerische Landesamt für Umwelt), das Bayerischen Landesamt für Umwelt (Referat 81 - Klimawandel und Wasserhaushalt) und die Bundesanstalt für Gewässerkunde (Referat M2; Wasserhaushalt, Vorhersagen und Prognosen). Für die fachliche Begleitung stand der Deutscher Wetterdienst (Referat Hydrometeorologische Beratungsleistungen) zur Verfügung.
Das österreichische Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat das Projekt mit EUR 204.000,- maßgeblich mitfinanziert.
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Web-Links
Infos WETRAX Abschluss-Veranstaltung: www.zamg.at/wetrax
ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at